Mitten in Schwabing:Wenn das Hirn Haken schlägt

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Man nimmt sich vor, bestimmt Dinge richtig zu machen. Wenn das Gehirn mitspielt, klappt das auch. Aber was ist, wenn man sich als Busfahrer auf der falschen Linie wähnt?

Von Nicole Graner

Es ist einfach ein Gesetz: Will man ganz bewusst etwas vermeiden und sagt seinem Hirn mantramäßig vor "Das darfst du jetzt nicht falsch machen", dann macht man es. Beispiel: Man schreibt eine E-Mail mehrmals an Herrn Müller. Dann kommt eine von Herrn Mayer und man antworte ihm mit "Sehr geehrter Herr Müller". Man verwechselt, um mit Dichter Josef Guggenmos zu sprechen, "die Bachstuben günz nach Vergnagen" - oder macht Dinge, die man eigentlich nicht machen wollte.

Da ist doch irgendwie beruhigend, dass es anderen auch so widerfährt. Zum Beispiel einem Busfahrer. Er fährt an einem schönen Vormittag die Linie 142 zur Münchner Freiheit. Doch diese Strecke hat eine Besonderheit: Von der Münchner Freiheit an wird sie zur Linie 54. Die Haltestelle ist dann an der Leopoldstraße, Richtung stadteinwärts auf Höhe U-Bahn-Treppe. Der Busfahrer, ein freundlicher, junger Mann, fährt an diesem Tag diese Strecke zügig. Kurz vor besagter Haltestelle machen sich die Fahrgäste dann in der Regel bereit: Stehen auf, verstauen ihre Handys und packen ihre Tüten zusammen, um bereit zu sein, wenn sich die Bustüren öffnen.

Doch etwas ist anders an diesem Tag, und die Fahrgäste staunen. Denn der Bus ordnet sich nach der Ampel an der Ungererstraße nicht wie gewohnt rechts ein, sondern links zum Bus- und Tram-Bahnhof. Hä, wo will der bloß hin? So denken die meisten im Bus. Und manche schmunzeln gar. Eine Frau lacht und winkt in Richtung Cockpit: "Hallo, huhu, wo fahren wir denn hin?"

Da hat es auch der Busfahrer endlich gemerkt, schüttelt den Kopf und schlägt sich mit der Hand ans Hirn. Dann blinkt er mit allen Lampen, die der Bus zur Verfügung hat, winkt dem Kollegen auf der rechten Seite zu und fährt steil nach rechts zur richtigen Haltestelle. Gutes Manöver! Respekt! "Mann", sagt der Busfahrer später, "stundenlang bin ich die Linie 59 gefahren, bei der man ja abbiegen muss. Aber ich fahr ja jetzt den 54er. Dabei hab ich mir noch die ganze Zeit eingeredet, dass ich aufpassen muss, nicht abbiegen darf."

Das Schönste an diesem Vormittag: Fast alle Fahrgäste lachen über diesen so menschlichen Fehler. Weil sie dieses blöde Gesetz selbst gut kennen.

© SZ vom 07.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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