Mitten in Ramersdorf:Der Baum der Erkenntnis

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Wer sich ehrenamtlich um den Baumschutz im Viertel kümmert, kann was erleben - mitunter sogar den Beginn eines veritablen Ehekrachs

Von hubert grundner

Es gibt Menschen, die können sich in ihrem Beruf anstrengen, wie sie wollen: So richtig beliebt machen sie sich nicht, eher im Gegenteil. Der Gerichtsvollzieher gehört beispielsweise zu dieser Spezies, die im Regelfall nichts als Undank erntet - kommt er zu Besuch, stellen sich die einen tot. Die anderen schlagen ihm die Türe vor der Nase zu. Und wer dem hartnäckigen Büttel am Ende doch den Eintritt in die mit Ratenkrediten möblierte Wohnung gewähren muss, wünscht dem Kuckucks-Kleber nicht selten die Geier an den Hals.

Mit dem ihnen gebührenden Respekt können leider auch die Briefträger heutzutage nur noch selten rechnen. Überdies wartet oft nicht nur der Hausherr, sondern auch der Haushund geradezu gierig auf die Post: Mancher sonst liebe Vierbeiner beherrscht ja die Kunst, sich beim Anblick des Zustellers in ein sabberndes, zähnefletschendes Ungeheuer zu verwandeln. Dem Mann oder der Frau mit der großen Umhängetasche bleibt dann nur noch der mehr oder minder geordnete Rückzug.

Überhaupt spielen sich zwischen Gartentor und Haustür nicht selten regelrechte μDramen ab. Ein solches gab jüngst Andrea del Bondio (SPD) im Bezirksausschuss Ramersdorf-Perlach zum Besten. In ihrer Funktion als Baumschutzbeauftragte habe sie jüngst an einer Tür geklingelt: Eine Frau öffnet, doch sie versteht zunächst überhaupt nicht, was die Lokalpolitikerin von ihr will. Erst als ihr del Bondio erklärt, dass sie hier sei, weil doch der Hausbesitzer einen Baum fällen wolle und dafür einen Antrag gestellt habe, den es jetzt zu überprüfen gelte, dämmert es der Frau: "Jetzt will der doch tatsächlich hinter meinem Rücken den Baum fällen." Mit "der" dürfte der Ehemann gemeint gewesen sein, und ihr Tonfall ließ vermuten, dass sie mit "dem" noch ein Hühnchen zu rupfen hat. Wie auch immer der eheliche Disput ausgeht, eines weiß Andrea del Bondio jetzt: Auch Baumschutzbeauftragte können sich unbeliebt machen.

© SZ vom 03.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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