Mitten in Pasing:Per Wisch zur Wand

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Smartphone-Nutzer sind gut für so manchen Slapstick - besonders vor defekten Türen und Bauzäunen

Von Martin A. Klaus

Schadenfreude ist bekanntlich die reinste Freude. Deshalb ist es umso lohnender, freien Blickes unterwegs zu sein, je mehr Smartphones in Gebrauch sind. Denn deren Nutzer liefern laufend Slapsticks. Normalerweise sind Supermarkttüren ideal für Smartphone-Nutzer, weil sie sich bei Annäherung öffnen. Weniger günstig ist, wenn dort ein großflächiges Schild mit großen Buchstaben hängt, das warnt: "Tür defekt". Während alle zur anderen Tür abbiegen, rumpelt es bei Annäherung eines Smartphoners prompt, weil er gerade über sein Display wischt.

Lohnend ist ein Beobachtungsposten auch bei neuen Bauzäunen. Dort darf man sich auch ganz ungeniert freuen, denn anders als bei den Holzbrettern früher kann dem anrennenden Smartphoner beim Aufprall auf den heute üblichen Drahtzaun wenig passieren. "Augen auf im Straßenverkehr!" hat damit eine völlig neue Bedeutung gewonnen. Nun geht es nur noch darum, das Umfeld konzentriert und wachen Auges im Blick zu behalten, um keinen köstlichen Fehltritt zu verpassen.

Aber Vorsicht, keine Freude bleibt ungetrübt, zumal am Pasinger Bahnhof. Der ist bekanntlich umzingelt von Coffee-to-go-Shops. Waffeltüten mit Eis werden auch überall feilgeboten. Kaffeebecher und Eistüten besitzen eine fatale Gemeinsamkeit: Sie lassen sich so zwischen Daumen und Zeigefinger klemmen, dass die restliche Hand frei bleibt, um das Display des Smartphones zu behacken. Beim Zusammenstoß gehen freilich Kaffee oder Eis plötzlich eigene Wege. Routinierte Smartphoner werfen einen kurzen Blick auf das nun bekleckerte Gegenüber, kommentieren dessen lädiertes Aussehen mit einem lässigen "Oh! Cool!" und gehen weiter, längst wieder das Display behackend.

Von langer Dauer ist das Vergnügen ohnehin nicht mehr. Spätestens zur nächsten Computer-Messe Cebit kommen sicher Smartphones mit eingebauter Abstandskontrolle auf den Markt, die man bisher nur beim Einparken nutzt. Dann ist leider der ganze Spaß beim Teufel.

© SZ vom 13.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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