Mitten in Pasing:Ein langer Weg nach Hause

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Wenn die S-Bahn ausfällt, sollte man nicht unbedingt auf die Ersatzbusse setzen, sonst gerät die Heimfahrt zu einer etwas umständlichen Odyssee

Von Thomas Kronewiter

Die Liste der Zumutungen reißt für den eigentlich Bahn-affinen Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs im Großraum München derzeit nicht ab. Nach Bauarbeiten und Streik, Streik, Streik nun wieder Bauarbeiten, diesmal im Westen vor der Stadt, mit Auswirkungen auf das ganze Netz. Schon am Ostbahnhof hätte man deshalb am Mittwochabend innerlich die Notbremse ziehen müssen, als von "Personen im Gleis" und von "Polizeiermittlungen" die Rede war. Denn dass Vertrauen in die Selbstheilungskräfte eines geschlossenen Schnellbahnnetzes nicht angebracht sind, zeigte sich in den folgenden zwei Stunden und 15 Minuten eines Heimfahreralltags, der üblicherweise mit einer guten Stunde ohnehin schon nicht gerade kurz gerät.

Wie rasch der sicherheitshalber gewählte Zeitpuffer - in Berg am Laim noch eine S-Bahn Vorsprung - aufgebraucht sein würde, ahnte man schon auf der verspäteten Fahrt durch die Stammstrecke. Dass die Anschluss- S-Bahn ins Umland in Pasing nicht unbedingt erreichbar sein würde, ebenfalls. Dass sie dann nicht einmal auf die erste durchgehende Bahn aus dem Osten der Stadt warten würde, wurde auch schnell zur Gewissheit - als sie nämlich, auf einem anderen Gleis abfahrend - dem hechelnden Fahrgast gerade noch einen Blick auf den letzten Wagen gewährte.

Den schon wartenden Bus mit der hübschen Aufschrift "S 4" allerdings hätte man besser stehen lassen und auf die rund 45 Minuten später angekündigte Stunden-Takt-S-Bahn warten sollen. Denn seinen Vorsprung brauchte der Bus auf seiner Rundfahrt zu landschaftlichen Höhepunkten des Münchner Westens nahezu vollkommen auf. Kein Wunder, denn er musste erst bis zum Knie fahren, um umzudrehen. Der Zeitverlust schon hier - satte acht Minuten. Ein rechtzeitiger Blick in den Ersatzfahrplan hätte diese Erkenntnis auch schon vor Fahrtantritt gebracht, doch solche Fehlplanung hatte man nicht einmal den Bahn-Planern zugetraut.

Der Nachbar auf dem Fahrrad hat es besser gemacht: Er wartete auf die nächste S-Bahn - und fuhr auf den letzten Fußweg-Metern noch am Ersatzbus-Fahrgast vorbei.

© SZ vom 29.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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