Mitten in Nymphenburg:Ruhe vor dem Sturm

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Morgens um halb zehn ist die Welt noch in Ordnung - zumindest im Biergarten

Von Sabine Wejsada

Das nennt man wohl einen magischen Moment: absolute Ruhe an einem Ort, wo sonst die Maßkrüge scheppern, Teller klappern und die Tischgespräche von bis zu 8000 Menschen mit zunehmender Bierseligkeit immer lauter werden. Morgens um kurz nach halb zehn in einem großen Biergarten. Die Vögel zwitschern, die Luft ist rein, das Wild steht malerisch hinter dem Zaun und schaut entspannt. Nur ab und zu zischt ein Jogger oder Radler vorbei.

Die erste Schicht des Personals ist trachtenmäßig frisch herausgeputzt und gut gelaunt. Hat man ja nicht immer, vor allem zu vorgerückter Stunde kann der Ton schon einmal bayerisch rau werden. Dem einzigen Gast weit und breit aber werden um diese Zeit alle Wünsche erfüllt. Jetzt schon was zum Trinken, aber kein Bier, sondern einen Kaffee? Geht klar, auch wenn wir noch nicht offen haben. Sie mögen keine Weißwürste? Kein Problem. Auch die angebotenen zwei Frühstücks-Varianten auf der Karte sagen nicht zu? Da findet sich schon was. Während die Bedienung also zwischen dem Abwischen und Aufdecken der Tische den Espresso macchiato bringt und zur warmen Breze auch noch freundlicherweise ein kleines Butterstück legt, erwacht der Biergarten zum Leben.

Immer mehr Kellnerinnen und Ober kommen, einige noch ein wenig gezeichnet von der anstrengenden Arbeit des Vorabends und ziemlich mundfaul. Andere redselig und voller Elan, dass man den Eindruck bekommen könnte, die Salz- und Pfefferstreuer in nicht überschaubarer Anzahl tragen sich fast allein in den weitläufigen Garten. Sonnenschirme werden aufgespannt, Markisen vermessen, die Kieselsteine unter dem um diese Zeit freilich noch leerem Stammtisch so exakt austariert, damit er plan stehen kann und die späteren Gäste keine Angst haben müssen, dass ihr Bier auf einer schiefen Ebene aus dem Krug schwappt.

Fortan also öfter zum Kaffee unter die Kastanien? Es gibt nichts Besseres an einem Sommertag. Morgens um halb zehn ist die Welt eben noch in Ordnung.

© SZ vom 14.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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