Mitten in München:Liebling ist verschnupft

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Laptops sind heutzutage offensichtlich nicht nur einfach kaputt, sie sind krank. Sie bekommen Fieber, wenn die Kühlung ausfällt. Da hilft der PC-Doktor

Von Johannes Korsche

Letztens ist jemand erkrankt. Schwer erkrankt. Er wollte einfach nicht mehr aufwachen, blieb einfach stumm - obwohl er doch sonst ein so unterhaltsamer Zeitgenosse war. An einem Tag war er noch ganz der Alte. Aber, ganz plötzlich über Nacht, entschwand er in einen komatösen Zustand. Hätte man sich in all den Jahren besser um ihn kümmern müssen? Ihn mehr wertschätzen? Gibt es einen Spezialisten, der ihn gesund macht? Es ist zumindest eine Hoffnung. Die Sprechstundenhilfe am anderen Ende der Leitung sagt mit professionell beruhigender Stimme: "Hallo, herzlich Willkommen bei ihrem PC- und Mac-Doktor. Wie kann ich Ihnen helfen?"

Laptops sind heutzutage offensichtlich nicht nur einfach kaputt, sie sind krank. Sie haben Fieber, wenn die Kühlung ausfällt, oder Schnupfen, wenn sie sich einen Virus eingefangen haben. Solche sensiblen Geschöpfe kann man doch nicht in eine schnöde Werkstatt zur Reparatur bringen. Wer krank ist, wird geheilt, nicht repariert. Es reicht ja, dass man sein Auto den öligen Händen des Kfz-Mechanikers anvertraut, wenn es keinen Mucks mehr tut. Und jenes Geschöpf, das mittlerweile vielen lieber ist als des Deutschen liebstes Kind? Das muss zum Arzt, zum Doktor med. PC. "Bringen Sie Ihren Laptop vorbei. Sie erhalten noch heute eine Diagnose", flötet die Sprechstundenhilfe ins Telefon.

Den besorgten PC-Eltern wird die Praxistür persönlich geöffnet. Der Blick fällt auf drei Sessel, eine Kaffeemaschine und einen Stapel Magazine auf einem kleinen Beistelltisch. Im Hintergrund spielt Entspannungsmusik, wie man sie sonst lediglich vom Yoga-Kurs kennt. Wer so sehr beruhigen will, muss von den Angehörigen der Patienten vieles gewohnt sein. Kreischende Informatik-Studenten, heulende Web-Designer. Wenn diese vier Wände des Wartezimmers sprechen könnten. Vielleicht würden sie den Besuchern eines ins Ohr wispern: "Eine Maschine ist eine Maschine ist eine Maschine." Irgendwann lebt er dann wieder. War wohl bloß eine Schraube locker.

© SZ vom 26.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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