Mitten in München:Denglisch für Fortgeschrittene

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Wer in der Wirtschaft Karriere machen will, muss eines können: Englisch. Und das very perfectly. Nur manchmal kann diese gewollte Mischung aus Deutsch und Englisch auch nerven

Kolumne von Vinzenz Neumaier

Wer in der Wirtschaft heutzutage richtig Business machen möchte, muss Englisch können. Und zwar perfectly. Natürlich ist auch Claudia Peus, Professorin für Forschungs-und Wissenschaftsmanagement an der TU München, im Englischen absolutely fluent. Seit vier Jahren sogar so sehr, dass sie sich Vice Dean of Executive Education an der TUM School of Management nennen darf. An der Technischen Universität geht es eben angelsächsisch, weltmännisch zu. Genauso wie im Siemens-Konzern, in dessen heiligen Hallen sich viele VIPs versammelt hatten, um über "Führung im digitalen Wandel" zu diskutieren. Auch Mitveranstalter Landrat Christoph Göbel hielt eine Rede. Auf Deutsch. Wie provinziell. Das Publikum war not amused. Es lechzte nach mehr Internationalität, mehr Glamour. Showtime für Professorin Peus.

Ihr Vortrag an diesem Tag: eine Keynote zum Thema Vielfalt am Arbeitsplatz. Ein wichtiges Thema. Natürlich viel zu wichtig, um nur auf Deutsch darüber zu reden. Wer an der TU lehrt, muss nicht nur technisch, sondern auch sprachlich auf Zack sein. Professorin Peus startet erst mal auf Beginner-Level: "Wer kennt das Phänomen groupthink?", fragt sie in die elitäre Runde. Nur wenige melden sich. Vielleicht liegt es daran, dass in Deutschland das Paradigma "work is primary" vorherrscht. Amerikaner sind da eher der Typ "self-employed". Brilliant (natürlich englisch ausgesprochen). Günther Oettinger hätte es nicht schöner sagen können.

Ihre Daten bezieht Professorin Peus nur aus streng wissenschaftlichen Studien: "Wir haben über 2000 Leute befragt, das ist on going." Aha, on going also. Bei so viel Input kommt man als Reporter einer Zeitung, die das Wort süddeutsch im Namen trägt, mit dem Schreiben nicht mehr hinterher. Also quick bei der Sitznachbarin nachgefragt: Entschuldigen Sie, ich verstehe diesen Vortrag nicht. Können Sie mir helfen? Antwort: "Sprechen Sie kein Deutsch?" Naja, anscheinend nicht.

© SZ vom 16.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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