Mitten in der Messestadt Riem:Die Wanze im Eisschrank

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Hat das Pech, dem Asiatischen Laubholzbockkäfer ähnlich zu sehen: Kiefernwanze aus dem Riemer Park. (Foto: privat)

Seit der Asiatische Laubholzbockkäfer im Münchner Osten sein Unwesen treibt, geraten selbst unschuldige Käfer in Verdacht

Kolumne von Stefan Mühleisen

Die Fernreise ist längst auch im Tierreich äußerst beliebt. Vielen dieser Touristen gefällt es derart gut in unseren Breiten, dass sie sich mir nichts, dir nichts integrieren. Der Buchsbaumzünsler zum Beispiel, einst aus Ostasien zugezogen, hat schon lange Freude daran, fidel herumzuflattern und in Vorgärten Hecken zu zernagen. Eher flugfaul, dafür ebenso frei von Flugscham, ist der Asiatische Laubholzbockkäfer (ALB), der vor Jahren seine Fühler nach dem Münchner Südosten ausgestreckt hat. Recht unverschämt sieht er die Gehölze in Feldkirchen, Riem, Neubiberg, Waldperlach als All-you-can-eat-Theke; beizukommen ist dem maßlosen Vieh nur mit vorsorglichem Kahlschlag: Es wird quasi ein Teil des Buffets umgesägt, damit er nicht weiter sein Unwesen treiben kann.

Die Schädlingsbekämpfer freuen sich dabei über Hinweise aus der Bevölkerung; denn das Insekt ist öffentlichkeitsscheu, verrichtet im Verborgenen sein Vernichtungswerk. Alarmiert war deshalb jetzt ein Anwohner des Riemer Parks, nachdem der Gebietsbetreuer zuletzt im SZ-Interview zuversichtlich gewesen war, das ALB-Gastspiel bald beendet zu haben. Der Anwohner schickte per Mail Fotos von Tieren, die regelmäßig in seine Wohnung flögen, ans Fenster rasten. "Sollten das wirklich Laubholzkäfer sein, ich habe einen tiefgefroren im Eisfach", so das Angebot an den Experten Gerhard Kraus von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL).

Doch der konnte sogleich beruhigen: Der Anwohner hatte einen harmlosen Ausflügler aus den USA gefrostet, der das Pech hatte, dem fiesen Krabbler ähnlich zu sehen: eine nordamerikanischen Kiefernwanze. Ein Pflanzensaftsauger, der im Herbst gerne Gebäude zum Überwintern aufsucht. Verwechselt wird der Schädling auch oft mit heimischen Verwandten, dem artigen Schneider-, Schuster- oder Bäckerbockkäfer. So froh Kraus ist, dass der Anwohner keines der Untiere kalt gestellt hat, wirbt er doch um feinfühligen Umgang, damit es keine Unschuldigen trifft: "Bitte nicht töten, sondern mit einem Glas fangen und Fotos schicken." Meistens könne man Entwarnung geben - und die Insekten wieder freilassen.

© SZ vom 10.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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