Mitten in der Maxvorstadt:Reden über den kalten Brei

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Heimlich hat ein neuer Trend Fuß gefasst. Und manchmal bietet ein Bircher-Müsli beim Frühstück sogar Gelegenheit zu einem Flirt

Von Nicole Graner

Es ist schon fast, nein, es ist eine Wissenschaft. Die einen mögen es flüssiger, die anderen breiig. Dann sind da jene, die auf ganz viele Nüsse schwören und weniger Obst. Und natürlich die, die ein Bircher-Müsli nur gut finden, wenn es mit viel frischem Obst zubereitet ist. Aber halt: Rosinen sind noch so eine Sache. Manche wollen sie lieber getrocknet, andere weichen sie vorher ein. Es gibt tatsächlich Unzähliges zu einem guten Bircher-Müsli zu sagen. Zum Beispiel auch, mit welchem Joghurt das Ganze "zusammengebreit" werden soll. Mit fettarmem, mit griechischem, mit Sahnejoghurt . . .

Warum sich aber so lange über eine Mischung aus Haferflocken, Milch und Joghurt auslassen? Weil es ein kleiner, geheimer Trend geworden ist. In jedem schnuckeligen Café, das Wert auf ein gutes Frühstück legt, gibt es ein Bircher-Müsli. In Bäckereien, in der Fußgängerzone, in kleinen Geschäften - Bircher-Müsli ist das schnelle Frühstück für Ökos und Reisende, für Sakkoträger und Trachtenliebhaber.

Und so kommt es, dass es beim Sonntagsfrühstück im Café schon mal um jenes Gemisch im Trinkglas, im Weckglas oder im Pappbecher geht. Dass darüber gesprochen wird, wer in München das beste Bircher macht. Mit weniger Milch, mit Äpfeln, oder doch viel besser mit Johannisbeeren. Dass Löffel zum Probieren die Runde machen. Es werden Augenbrauen beim Testlöffeln hochgezogen, Geschmacksknospen auf Empfang gestellt. Und Rezepte ausgetauscht. In diesem Fall in einem Café in der Maxvorstadt: mit griechischem Joghurt, Apfelsaft, Zitrone und Haferflocken - blütenzart.

Ja, und so ein Bircher-Müsli ist auch der Anfang für einen Flirt. Sie (in Tracht, mit ordentlicher Oberweite): "Wie findest Du das Müsli?" Er (in kurzer Hose und T-Shirt): "Mhmm, lecker." Pause. Sie: "Magst Du es lieber mit Johannisbeeren?" Er: "Mhmm, egal." Pause. Sie (beugt sich über den Tisch): "Magst Du meine Johannisbeeren? Ich mag lieber die frischen Äpfel." Er: Schaut nur und schaut . . . Ja, Bircher-Müsli ist lecker.

© SZ vom 15.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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