Mitten in Berg am Laim:Ordnung muss sein

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Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, was im Straßenverkehr Vor- und Nachteile mit sich bringt

Von Hubert Grundner

Der Mensch ist erstens ein Gewohnheitstier und zweitens träge. Das bringt gewisse Vor- und Nachteile. Ein Radfahrer beispielsweise, der schon seit Jahren zwischen Haidhausen und Trudering hin und her strampelt, findet selbst nach einem längeren Besuch des Hofbräukellers am Wiener Platz in der Regel noch erstaunlich zielsicher nach Hause. Der Vorteil, die Nacht im eigenen Bett und nicht als ungebetener Gast in einer Kleingartenanlage zu verbringen, liegt auf der Hand.

Bei anderer Gelegenheit aber bringt die gleiche traumwandlerische Sicherheit der Ortskenntnisse den Radler in die Bredouille. Dann nämlich, wenn sich ihm plötzlich ein Baum in den Weg stellt, wo tags zuvor weit und breit kein Baum gestanden hat. Wem fiele da nicht Reiters Morgenlied ein - falls dafür bis zum Aufprall noch Zeit ist: "Kaum gedacht, kaum gedacht, war der Lust ein End' gemacht. Gestern noch auf stolzen Rossen, heute durch die Brust geschossen, morgen in das kühle Grab!" Ob die Zustände auf Münchens Radwegen den Autor dieser Zeilen, Wilhelm Hauff, zu ähnlichen Versen inspiriert hätten?

Das aber führt jetzt zu weit, deshalb zurück zum Baum und seinem nächsten Verwandten, dem Verkehrsschild. Auch Verkehrsschilder tauchen manchmal wie aus dem Nichts auf. So geschehen vor einigen Wochen auf der Hansjakob-straße, gleich nach der Kreuzung mit der Baumkirchner Straße. Gehsteig und Radweg sind hier nur durch einen weißen Strich getrennt. Genau darauf stand bislang ein einsames blaues Blechschild zur Regelung der Parkzeiten. Zu ihm gesellte sich nun, nur wenige Meter entfernt, ein Halteverbotsschild. Zum Stehen brachte es aber zunächst einmal fluchende Radfahrer, da das Schild mitten auf ihrem Weg aufgepflanzt wurde. Handelt es sich hierbei um ein perfides Komplott von Autofetischisten oder bloß um den Niedergang der Ingenieurskünste? Wie dem auch sei, die hochkochende Wut kühlte ab, der Gang zu Polizei oder KVR wurde ein ums andere Mal verschoben. Viele Dinge regeln sich ja oft am Besten, indem man sie schlicht ignoriert. Dieses Trägheitsgesetz hat sich auch im Falle der Hansjakobstraße bewahrheitet: Seit einigen Tagen stehen beide Schilder mitten im Radweg. Ordnung muss halt sein.

© SZ vom 11.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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