Mietsteigerungen:Peinliches Kapitel

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Das Amtsgericht entscheidet, dass die Bewohner von München-Modell-Wohnunen am Ackermannbogen einen krassen Mietanstieg dulden müssen. Für die Stadt ist das peinlich, und die Immobilienwirtschaft zeigt, dass ihr Gewinnmaximierung über Moral geht

Von Thomas Kronewiter

Längst blickt niemand mehr in diesem ganz besonderen Mieter-Vermieter-Rechtsstreit durch. Wie wasserdicht hat die Stadtverwaltung die Bedingungen ihrer München-Modell-Wohnungen formuliert, zumindest die der ersten Tranche? Gilt für diese Wohnungen der Münchner Mietspiegel? Waren die vom Vermieter prompt und deutlich vorgenommenen Mieterhöhungen nach Auslaufen der ersten Bindungsfrist überhaupt rechtens? Fragen, deren Beantwortung durch die zuständigen Richter für die Betroffenen an der Elisabeth-Kohn-Straße im Neubauquartier am Ackermannbogen nun schmerzliche Auswirkungen hat - und keineswegs bloß von Interesse für spitzfindige Verwaltungsjuristen ist.

Ohnehin ist aus einem großen Wohnblock voller empörter Mieter gerade noch eine Handvoll Parteien übrig, die die Nerven hat, eine weitere Fortsetzung des Instanzenweges zu riskieren - nach einem für sie teuren Urteil des Münchner Amtsgerichts. Dass diese Opfer einer auch für das Gericht nicht auf Anhieb als durchschaubar eingestuften Rechtslage nun einen derart krassen Anstieg ihrer Mieten dulden müssen, ist ein peinliches Kapitel für die Stadt und für die Immobilienwirtschaft.

Erstere hat es nicht geschafft, den Anstieg der Mieten für einen besonders schutzwürdigen Personenkreis juristisch unangreifbar zu begrenzen. Und sie hat es auch nicht vermocht, ihren Vertragspartner, den Investor der Wohnanlage, zu einem Kompromiss zu bewegen. Letzterer hat jedweden Kompromiss ausgeschlagen, der ihm - so zumindest dringt es aus eingeweihten Kreisen - durchaus angeboten worden ist. Geschäft ist eben Geschäft, diese Maxime hat einmal mehr das Handeln beherrscht. Zwischenzeitliche Signale der Entspannung erwiesen sich letztlich immer als Luftnummern.

So aber wird das Klischee des raffgierigen Unternehmers zementiert, der an der Isar auf besonders lukrative Art zu Millionen kommt. Für die Stadtgesellschaft, die weitere Zuzugswellen erst noch zu verkraften hat, ist das eine ganz schlechte Botschaft - wenn Moral nichts mehr zählt, wenn es nur noch auf die Gewinnmaximierung ankommt.

© SZ vom 21.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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