Auch um neun Uhr abends brennt die Luft noch. Draußen sitzen sie im trockenen Gras, löschen auf Bierbänken, was an heißen Tagen wie diesen gelöscht werden will, Kinder jagen sich übers geschorene Feld. Drinnen im Festzelt jagen sieben Musiker 2000 Menschen den Rhythmus in und den Schweiß aus dem Leib. Zweierlei hat der Auftritt der Highspeed-Blaskapelle La Brass Banda am Mittwochabend an der Nahtstelle zweier Stadtviertel bewiesen: Menzing kann Festival; und Menzing lässt im Stimmungshoch der 1200-Jahr-Feier des Ur-Orts seine trennenden Anhängsel "Ober" und "Unter" von sich abtropfen. Kein Schlaumeier kräht dazwischen, als der Ober-Brasser Stefan Dettl die Befindlichkeit des pulsierenden Publikums abfragt: "Menzing, geht's Eich guat?"
Zu dem Zeitpunkt hat die britische Vorband Killamonjambo mit wildem Ska-Funk-Reggae-Wirbel den Leuten die Gehörgänge bereits sauber geblasen. Anarchisch waren die Brass-Bandisten vor zehn Jahren auch. Damals, als die Kapelle vom Chiemgau aus mit dem ihr eigenen Punk-Geist die traditionelle bayerische Blasmusik so leidenschaftlich herzte, dass die sich unter ihren furiosen Bläser-Sätzen und kunstvollen Kompositionen neu formierte: als Ska, Techno, Hip-Hop, als ein perlender Fluss sich ständig erweiternder Volks-Musiken.
In "Menzing" fegen diese perfektionierten Klang-Architekturen vom ersten Bläsersatz des "Techno"-Intros an den Besuchern die Haare regelrecht vom Kopf. LBB-Nostalgiker rütteln sich später selig im Vier-Takter-Turbo-Schnurren des "VW Jetta", Jung-Fans hip-hoppen mit schwingenden Armen der "Indian Explosion" entgegen. Der Brass-Zug stürmt durchs Zelt, macht nur kurz Halt "zum Runterkommen mit Yoga", das der Charismatiker Dettl moderiert. "Danke, Anwohner", brüllen 2000 am Ende nass geschwitzte Menschen nach Aufforderung zum Schluss. Sie haben vergessen, dass Menzing nicht nur Festival ist.