Meine Woche:Leise Liebe zur Volksmusik

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Foto: Privat (Foto: N/A)

Uhrmachermeister Karl Müller hat seine Drehleier selbst gebaut

Von Renate Winkler-Schlang

Zünftig und durchaus laut wird es wieder zugehen beim Berg am Laimer Wirtshaussingen mit Volksmusikpfleger Ernst Schusser, wenn dank der ausgeteilten Texte die überlieferten bairischen Lieder aus vielen Kehlen erklingen. Doch der Mittwochabend in der Echardinger Einkehr (Bad-Kreuther-Straße 8, Beginn 18 Uhr) wird auch ruhigere Momente haben. Karl Müller wird seine Drehleier aus der Stoffhülle holen, die seine Frau für das Instrument gemacht hat: das Leinen mit alten Kreuzstichmustern verziert, abgefüttert mit grünem Dirndlstoff, verschlossen mit Hirschhornknöpfen. "Alles außer den Naturdarmsaiten" hat er an der Drehleier selbst gemacht.

Drei Wochen hat er dafür durchgearbeitet in seinem Keller, der stille Uhrmachermeister Karl Müller mit der großen Liebe zur Volksmusik. Er wird die selbst gedrechselte kleine Kurbel drehen, die funktioniere "wie ein runder Geigenbogen", wird die von Hand gefertigten Tasten bedienen, er wird singen dazu, ohne Verstärker, und es wird ganz leise werden. Diese Erfahrung macht er immer wieder und er freut sich auf den Auftritt - trotz des Lampenfiebers.

Schon als kleiner Bub habe er gerne Dinge zerlegt und furchtbar gern gebastelt, erzählt der 65-Jährige, der beim Altenöder Karl in die Lehre ging und sich 1977 selbständig machte. Seinen Beruf und all die tickenden Zeitmesser, die neuen und die historischen, die Taschen- und die Turmuhren, liebt er so, dass er immer noch jeden Tag in seiner wohlgeordneten Werkstatt arbeitet. Geduld und Geschick und Genauigkeit, die Tugenden des Uhrmachermeisters, brauchte Müller auch zum Bau von mittlerweile vier Drehleiern.

Dabei hat er selbst in jungen Jahren nicht einmal ein Instrument gelernt. Der Volkstanz hatte es ihm und seiner Frau angetan - obwohl er auch die Beatles schätzte. Beim Tanz kam er in Berührung mit seltenen Instrumenten wie Dudelsack oder Drehleier. Seine erste Drehleier entstand in einem Instrumentenbaukurs eher zufällig: "Der Dudelsackkurs war schon voll."

Abgestimmt ist die Drehleier auf seine Tonhöhe: "So entsteht Zweistimmigkeit." Genau wie bei den Uhren interessierte er sich auch hier für deren Geschichte. Im Museum zeichnete Karl Müller millimetergenau alte Instrumente ab, das Holz für seine Lieblingsleier bekam er in Mittenwald von einem Geigenbauer. Er baute ohne Zeitdruck, Hauptsache, das beste kam dabei heraus. Etwa fünfmal im Jahr tritt er auf - "und jedes Mal wird geübt vorher." Damit er keine Strophe vergisst, hat er auf die Seite der Drehleier einen Spickzettel geklebt.

© SZ vom 11.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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