Meine Woche:Die Neugier des Nachrückers

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Foto: Florian Peljak (Foto: Florian Peljak)

Carlos Lopes gestaltet künftig die Politik im Glockenbachviertel aktiv mit

Von Margarethe Gallersdörfer

Eigentlich ist Carlos Lopes ein sehr privater Mensch. Als der Bezirksausschuss-Vorsitzende Alexander Miklosy (Rosa Liste) ihn bei seiner ersten Bezirksausschuss-Sitzung als Mann des verstorbenen Günter Reisbeck vorstellte - aktiv im Schwulen-Kommunikationszentrum Sub, Mitorganisator des "Christopher Street Day", Mitglied der Rosa Liste und Gründer eines Verbands für nicht-heterosexuelle Menschen in der Psychologie - war Lopes das ein bisschen unangenehm. "Oh Gott, vielleicht erwarten die anderen viel von mir", sagt er und lächelt. "Aber ich gehe meinen Weg. Außerdem weiß man ja: Zwei Menschen, die man niemals unterschätzen sollte, sind der Ehepartner und die Sekretärin."

Carlos Lopes ist 52 Jahre alt, gebürtiger Brasilianer und lebt seit 21 Jahren in München. Für den Bezirksausschuss hat er kandidiert, weil er es wichtig findet, sich aktiv an der Gesellschaft, in der er lebt, zu beteiligen. Tatsächlich Mitglied ist er aber erst seit Juli dieses Jahres; er ist auf einen der drei Sitze der Rosa Liste nachgerückt. Am Dienstagabend wird er zu seiner ersten regulären Sitzung nach den Sommerferien gehen. Spätestens am Tag zuvor muss er deshalb die Unterlagen durchlesen und mit den Kollegen telefonieren. Bezirksausschuss - der Begriff dürfte bei vielen für Bürokratie und Langeweile stehen. Lopes aber freut sich, mitgestalten zu dürfen: "Wir wirken an Projekten mit, die unser Stadtviertel und damit unser Leben betreffen. Für mich ist das alles sehr lebendig und gar nicht unspannend." Seine Heimat ist das Glockenbachviertel; in den 19 Jahren, die er dort lebt, hat es sich stark verändert. "Die Müllerstraße zum Beispiel ist zu einer Partymeile geworden", sagt er. Doch Lopes mag den Kontrast zwischen seiner ruhigen Wohnung am Alten Südlichen Friedhof und dem lebendigen Umfeld. Als Fotokünstler interessiert er sich besonders für die Kulturarbeit im Viertel.

Abseits des Bezirksausschusses ist sein Leben vielseitig. Neben seiner Arbeit als Buchhalter möchte Lopes sich diese Woche weiter um seine beiden Fotoprojekte kümmern: Im einen dokumentiert er gemeinsam mit zwei weiteren Künstlern "gefangene Natur", zum Beispiel die Wurzelgeflechte von Topfpflanzen. Außerdem bearbeitet er Porträts von brasilianischen Straßenfotografen mit Stiften, Einritzungen und Feuer. Wenn er Zeit hat, möchte Lopes diese Woche außerdem die Oktoberfest-Ausstellung von Michael von Hassel in der Rathausgalerie besuchen. Und abends ist er gern mit Freunden unterwegs - am liebsten in seinem Glockenbachviertel

© SZ vom 28.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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