Mein Name, mein Tag:Auf der Überholspur

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Foto: Enno Kapitza (Foto: N/A)

23. Dezember: Dagobert Benz

Von Jutta Czeguhn

Die Eltern von Dagobert Benz (Foto: Enno Kapitza) waren keine Donaldisten der ersten Stunde. Carl Barks hat seinen Extremgeizkragen Dagobert Duck erst 1947 erfunden. Pate für den Drittgeborenen der Benzens stand 1940 somit nicht der Geldspeicher-Erpel, sondern Merowingerkönig Dagobert I. Der hat im 7. Jahrhundert die Burg in Meersburg am Bodensee gebaut, Heimatort der Familie Benz. Dieser König wiederum ist nicht zu verwechseln mit dem Heiligen Dagobert, einem Märtyrer des Mittelalters.

Mehr Worte darf man aber nicht verschwenden auf die alten Merowinger, denn Dagobert Benz' Leben ist reich für drei, irgendwie auf der Überholspur. Da passt es, dass der 75-Jährige heute als Stadtführer auf einem elektrischen Stehroller - Segway - durch München saust.

Aber noch mal auf Anfang. Er sei ein "Nestflüchter" gewesen, sagt Dagobert Benz und erzählt entschleunigt von seinem wendungsreichen Leben: Mit 20 Jahren verlässt er nach dem Abi das enge Meersburg, kreuzt lieber auf einem Passagierdampfer durch die Karibik. Dann, wieder solider, besucht er eine Hotelfachschule in der Schweiz. Es folgen zwei Jahre als Reserveoffizier bei der Luftwaffe, sechs Jahre als Purser bei der Lufthansa auf Fernost- und Südamerikarouten, Zwischenstopp als Manager eines Country-Clubs im Spessart, dann zurück an den Bodensee als Hotelier. Öffz! Wir sind erst in den Siebzigerjahren: Benz begeistert sich für Segel-Sufbretter, holt als Pioniertat den Trend aus den USA nach Deutschland.

Er hängt den Hoteljob an den Nagel, schwimmt ein paar Jahre auf der Erfolgswelle. Als der Wind sich dreht, steuert auch Benz herum, erfüllt sich einen Traum und geht nach Neuseeland, bietet dort Abenteuerreisen mit Ultraleichtflugzeugen an. Doch weil seine damalige Lebenspartnerin das Heimweh plagt, kehren sie zurück nach Deutschland. Dagobert Benz führt einige Jahre ein Tagungshotel am Starnberger See, ehe es ihn mit 58 Jahren wieder zu neuen Ufern zieht: Mit seiner zweiten Frau Angelika und den zwei Töchtern geht es nach Kapstadt, Südafrika. Am Fuße der Tafelberge will er ein Hotel aufbauen, doch er scheitert an den bürokratischen Hürden unter der Mbeki-Regierung. Schweren Herzens also die Rückkehr nach München.

Und nun? Eine alte Skiverletzung macht sich bemerkbar, Operationen folgen, der rastlose Dagobert Benz ist an seiner Achillesferse getroffen. Aber längst nicht ausgebremst. Auf dem Segway kann er noch immer locker Schritt halten mit dem Tempo, das ihm sein reiches Leben vorgibt.

© SZ vom 23.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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