Medikamente sind gefragt:Bier, Bussi, Bläschen

Lesezeit: 2 min

Bier, Bussi, Bläschen: Auf der Wiesn hängt alles zusammen. (Foto: picture alliance / dpa)

Zu Wiesnzeit grassiert das Herpesvirus - ansteckend ist es mit und ohne Körperkontakt

Von Laura Kaufmann

Es gibt eine Gefahr auf der Wiesn, vor der sich die Besucher nicht so leicht schützen können. Man möchte schließlich Spaß haben, schafft die Mass vielleicht nicht immer allein, und ein Zaun hilft da erst recht nicht weiter. Nur genaues Hinschauen kann Schlimmeres verhindern. "Manche nehmen auch Zink zur Prävention", sagt Peter Sandmann.

Viele erwischt es trotzdem. Das ist ärgerlich, weil sie sich dann für ein paar Tage mit einem wenig appetitlichen Bläschen an der Lippe präsentieren müssen, was die Wiesneuphorie erheblich trübt. Wiesnzeit ist auch Herpeshochzeit. "Es stimmt wirklich", sagt Peter Sandmann, Sprecher der Bayerischen Landesapothekenkammer in München. "Zur Wiesn steigt die Nachfrage nach Herpesmedikamenten spürbar an." Generell läute die zweite Wiesnwoche in München die erste Erkältungswelle des Jahres ein. Viele Menschen mit schlechtem Immunsystem auf engem Raum, noch dazu einem keimfreudigen Raum wie dem Oktoberfest: Das gehe nicht lange gut.

Ihr Immunsystem wirtschaften die Wiesngänger selbst hinunter: Zu viel Alkohol, die Jacke im Zelt verloren und dann durch die kalte Nacht nach Hause gelaufen, bis zur Heiserkeit Schlager mitgegrölt. Spätestens in der zweiten Woche erwischt es den renitenten Wiesngänger, wobei nicht alle von ihnen auch daheim bleiben, wenn sie sollten, was weitere Erkältungsopfer fordert. Die berüchtigte Wiesngrippe - fast jeder hat sie mal gehabt, und wer das Oktoberfest nicht oft besucht, hat zumindest von ihr gehört.

Ein schwaches Immunsystem begünstigt aber auch das Ausbrechen der Herpesviren, die sich in Form von kleinen Bläschen an der Lippe bemerkbar machen. Das Herpesvirus ist weit verbreitet. Wer einmal damit infiziert ist, trägt es ein Leben lang im Körper. Allerdings bricht es nicht bei allen aus, und bei den einen schneller als bei den anderen. Bei dem einen mag es reichen, das Glas mit der falschen Person zu teilen, der andere muss schon wild mit ihr herummachen.

Beides soll auf der Wiesn öfters vorkommen. "Mit rauen, offenen Lippen kann eine Ansteckung sehr schnell erfolgen", sagt Peter Sandmann. Wer dann den Schaden hat, dem sei geraten, sein Bläschen frühzeitig zu verarzten, damit das unschöne Mal so schnell wie möglich verschwindet. "Bei einfachen Fällen heilt es in zwei, drei Tagen wieder ab", sagt der Apotheker. Diese Zeitspanne würde sich theoretisch optimal eignen, um den Körper etwas Zeit zur Regeneration zu geben und einen Bogen um die Theresienwiese zu machen. Schon allein, um nicht weitere Menschen mit Lippenbläschen zu beglücken. "Bei schweren Fällen kann es bis zu zwei, drei Wochen dauern, aber das sieht dann auch so aus, dass man es nicht selbst behandeln möchte", sagt Sandmann. Dann helfen nur Tabletten vom Arzt, und sollte sich der Patient auf die Wiesn verirren, würde wohl automatisch jeder Besucher einen großen Bogen um ihn machen.

Peter Sandmanns "Nauplia Apotheke" liegt in Harlaching. Nicht in der Nähe der Festwiese, aber viele Campingplatzbesucher kommen auf dem Hinweg bei ihm vorbei. Die Kundenzahlen verdoppeln sich in dieser Zeit. Und diese Kunden holen sich Aspirin, Verbandszeug - und eben Herpescremes. Seit einiger Zeit gibt es auch Patches, die auf das Bläschen geklebt werden.

Trotz der erhöhten Nachfrage gibt es genügend Medikamente, und wenn sie in der Apotheke zur Neige gehen, kann der Apotheker viermal am Tag nachbestellen.

Herpesbläschen sind nicht schön, aber auch kein Weltuntergang. "Die meisten Wiesnbesucher sind nach zwei Stunden so oder so entstellt", sagt der Apotheker. Sein Rat: "Die Wiesn ist ein Riesenspaß, wenn man sie in Maßen genießt. Man muss nicht jeden Tag hin. Dann passiert auch nicht so viel."

© SZ vom 21.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: