Bürgerversammlung:Zu teuer, zu laut

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Auch wenn sich die Aufregung um Themen wie den Konzertsaal gelegt hat: In der Maxvorstadt gibt es bei der Bürgerversammlung genügend Kontroversen - allem voran die Wohnraumversorgung im Viertel

Von Thomas Kronewiter, Maxvorstadt

Der engagierte Maxvorstädter achtet sehr genau auf Entwicklungen in seinem Viertel, er beobachtet die politische Debatte und hat ein Auge auf bauliche Entwicklungen. Insofern war die Bürgerversammlung in St. Markus am Donnerstagabend für die nahezu 150 Anwesenden ein Pflichttermin. Auch wenn sich die Aufregung um Konfliktthemen wie die Tiefgarage am Josephsplatz oder den zwischenzeitlich in den Fokus gerückten Konzertsaal-Standort am Finanzgarten wieder etwas gelegt hat, gibt es nach wie vor genügend kontroverse Themen - allem voran die Wohnraumversorgung im stark gentrifizierten und ungemein teuer gewordenen Viertel.

So fand Norbert Ott in seinem geradezu programmatisch gemeinten Appell, die weitere Vernichtung bezahlbaren Wohnraums zu verhindern, breite Unterstützung bei den Bürgern. Trotz Wohnungsnot gebe es in der Maxvorstadt - etwa an der Türkenstraße - nach wie vor zahlreiche Beispiele für Luxussanierung, sagte er. Günter Aichners Einsatz für den Erhalt der historischen Gebäude der Tierklinik am Englischen Garten goutierten die Maxvorstädter ebenfalls mit großer Mehrheit. Die Gebäude, exponiert am Eingang in den Englischen Garten, zählen nach Auffassung der Initiative Altstadtfreunde "zu den letzten prägenden Vorkriegsbauten in diesem hochsensiblen Umfeld". Die Gebäude beinhalteten äußerst schützenswerte Ausstattungen wie das großzügige und repräsentative Jugendstil-Treppenhaus im Mittelbau. Nach Plänen des Freistaates Bayern soll der historische Bestand der Neubebauung des "Campus Königinstraße" weichen.

Wie unterschiedlich mitunter die Interessen sind, zeigten die Anträge von Helga Leonhardt und Matthias Mohr. Während sie aus Lärmschutzgründen das Verfüllen des vorhandenen Kopfsteinpflasters und eine Einbahnregelung in der Nordendstraße forderte, bat er an gleicher Stelle um den Erhalt der historisch gewachsenen Situation. Mohrs Ansicht schloss sich die deutliche Mehrheit der Bürger an. Waltraud Junkers Verärgerung über rücksichtslose Radfahrer vor allem in der Gabelsbergerstraße, von denen sie sich immer wieder beschimpft und belästigt fühlt, konnten die Maxvorstädter ebenfalls nachvollziehen. Auf Junkers Wunsch hin sollen Polizei-Streifen nun besonders auf Radfahrer achten - ein Vorstoß, den Junkers stolz als "kostenneutralen Antrag" anpries. Stefan Funk, Leiter der Polizeiinspektion Maxvorstadt, hatte in seinem Rechenschaftsbericht schon zuvor auf die 2000 Verkehrsunfälle des vergangenen Jahres mit 300 bis 400 Verletzten hingewiesen. "Die meisten Verkehrsunfälle sind von Radfahrern verursacht", sagte er. Im Übrigen habe seine Maxvorstädter Dienststelle übers Jahr insgesamt 125 Stunden lang in Tempo-30-Zonen Temposünder gestellt. 231 Beanstandungen bedeuteten, dass alle 30 Minuten ein Raser erwischt werde. Im Umkehrschluss heiße das aber auch, dass Autofahrer im Großen und Ganzen die Geschwindigkeit beachteten, freute er sich.

Jürgen Weiß, der trotz einer Zusage aus der Stadtverwaltung das Fehlen der für Bauprojekte entfernten Poller Ecke Blutenburg- und Maillingerstraße monierte, hatte das große Glück, unter den präsenten Verwaltungsmitarbeitern exakt den richtigen Ansprechpartner zu finden. "Die Zusage stammt von mir", räumte Eduard Kessler vom Straßenunterhalt ein. Er habe sie nur deshalb nicht einhalten können, weil wegen der nicht komplett abgeschlossenen Bauvorhaben die verkehrsrechtliche Genehmigung des Kreisverwaltungsreferates noch ausstehe. Um diesen Verwaltungsakt zu befördern, votierten die Maxvorstädter im Sinne des Anwohners für das Wiedereinsetzen der Poller.

Trotz mancherlei Beschwerden über Lärm, dichte Bebauung und hoher Mietpreise zeigte die Bevölkerung des Innenstadtbezirks auch ein Herz für die negativen Begleiterscheinungen der attraktiven Lage: Brigitte Noldes Bitte, die großen Kultur- und Konzertveranstaltungen auf dem Königsplatz abzustellen oder zumindest in der Anzahl zu reduzieren, fiel dann auch glatt durch.

Der Bezirksausschuss-Vorsitzende Christian Krimpmann (CSU) lobte in seinem angenehm pointierten Rechenschaftsbericht den seit wenigen Tagen von den Gerüsten befreiten Neubau der Siemens-Zentrale als ein "Musterprojekt", trotz mancherlei Anwohnerbeschwerden. Die Liste der großen Vorhaben im Viertel werde sich fortsetzen, denn schließlich sei das Siemens-Projekt nicht isoliert zu betrachten. Es gehe vielmehr einher mit der anstehenden Sanierung des Altstadt-Tunnels, für die es noch keinen festen Zeitplan gibt. Auch in der Konzertsaal-Frage ist Krimpmann "gespannt, wo die Debatte enden wird".

© SZ vom 24.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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