Café Netzwerk:Abschied wider Willen

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Beliebter Lernort: Schulen in der ganzen Stadt buchen Computer-Workshops im Café Netzwerk. Said Köse leitet es (stehend im schwarzen Pulli). (Foto: Robert Haas)

Der Jugendtreff Café Netzwerk ist eine Institution in der Medienpädagogik und in der Maxvorstadt fest verankert. Wegen Sanierung des Gebäudes soll die Einrichtung 2018 nach Obersendling umziehen

Von Stefan Mühleisen, Maxvorstadt/Obersendling

Es wird noch mehr als zwei Jahre dauern, bis die Umzugslaster anrücken. Doch schon jetzt gilt als sicher, dass eine etablierte Einrichtung der offenen Jugendarbeit von der Maxvorstadt vorübergehend in den Südwesten der Stadt umziehen wird. Das Café Netzwerk, beheimatet in einem Berufsschulzentrum an der Luisenstraße, wird voraussichtlich von 2018 an beim Pilotprojekt "Junges Quartier Obersendling" einquartiert. Für den Träger, den Kreisjugendring (KJR) München-Stadt, ist das akzeptabel - die Stadtviertelpolitik mag sich aber mit dem Wegzug noch nicht abfinden. "Wir haben keine vergleichbare Einrichtung im Umfeld", sagte der Vorsitzende des Bezirksausschusses, Christian Krimpmann (CSU), in der Sitzung.

Die Umsiedlung wird nötig, weil die Thomas-Wimmer-Schule an der Luisenstraße - hier sind zwölf städtische Berufsschulen untergebracht - aller Wahrscheinlichkeit nach 2o18 zur Großbaustelle wird: Das Gebäude soll entweder generalsaniert oder neu errichtet werden. Derzeit würden mehrere Planungsvarianten untersucht, sagt eine Sprecherin des Referats für Bildung und Sport. Die Behörde taxiert den Baubeginn auf Mitte 2018, wie aus einem Brief der Behörde an den Bezirksausschuss hervorgeht. Die Sanierung, so die Prognose in dem Papier, soll 2021 abgeschlossen sein.

Nicht nur die Schüler werden während der Bauzeit eine neue Bleibe brauchen, auch der Jugendtreff, der seit Jahren fest im Viertel verwurzelt ist. Nach Angaben des Einrichtungsleiters Said Köse frequentieren täglich zwischen 50 und 120 Jugendliche und junge Erwachsene die Räume im Souterrain des Schulzentrums. Der KJR hat das Café Netzwerk über die Jahre außerdem zu einem medienpädagogischen Zentrum ausgebaut, das in diesem Segment als Institution gilt. Schulen in der ganzen Stadt nutzen die Unterrichtsräume, etwa für Workshops zu Cyber-Mobbing oder sozialen Netzwerken. Für das laufende Jahr sind die Seminare laut Köse schon ausgebucht. Dazu hat sich an dieser Stelle ein Nukleus der Münchner Youtube-Szene herausgebildet - mit jungen Menschen, die auf der Internetplattform Kanäle unterhalten und Videos mit sich selbst als Hauptperson hochladen.

Die KJR-Führung lässt durchblicken, dass sie nicht gern an der Luisenstraße die Koffer packt - aber dennoch gut leben kann mit der Aussicht, Teil des "Jungen Quartiers Obersendling" zu werden. "Das Konzept gefällt uns sehr gut", sagt der Geschäftsführerer des KJR München-Stadt, Franz Schnitzlbaumer. Er betont jedoch, dass es für die Organisation nur tragbar sei, wenn man nach der Sanierung wieder zurückzukehren könne. Nach seinen Worten haben die Behördenspitzen von Sozial- und Schulreferat dafür bereits ihr Einverständnis signalisiert.

Das "Junge Quartier Obersendling" ist als Integrationsprojekt angelegt, es soll in einem Gewerbekomplex an der Schertlinstraße unterkommen. Dies soll ein großer Begegnungs- und Lernort für junge Auszubildende und Flüchtlinge werden, auch kulturelle Nutzungen sind geplant - und auch das Café Netzwerk soll dort womöglich unterkommen. Laut Schnitzlbaumer wird auch erwogen, Teile der Thomas-Wimmer-Schülerschaft dorthin umzusiedeln. "Das ist für uns eine gute Interimslösung", sagt er.

Ob es dazu kommt, ist noch nicht endgültig geklärt. Offenbar vor allem deshalb, weil die Jugendhilfeorganisation bis vor kurzem noch nach Alternativstandorten in der Maxvorstadt Ausschau hielt. Indessen hat das Sozialreferat im neuen Quartier bereits Platz für das Café Netzwerk reserviert; der Stadtrat soll Anfang März den Weg frei machen. Nach Schnitzlbaumers Angaben will der KJR-Vorstand in der kommenden Woche einen Beschluss zum Umzug nach Obersendling fassen. "Da es keine Alternative gibt, müssen wir uns der Stadt als verlässlicher Partner erweisen und uns nun festlegen." Das dürfte in der Stadtviertelpolitik große Enttäuschung auslösen. Die Bürgervertreter wollen die Einrichtung nicht verlieren. "Der BA empfindet große Wertschätzung für die Arbeit des Café Netzwerk und wünscht, dass es im Stadtbezirk 3 aufrechterhalten wird", appellierte der Kinder- und Jugendbeauftragte des Gremiums, Valentin Auer (CSU), bereits schriftlich an die Stadt. Dem KJR sicherte er per Brief zu, "alles mir mögliche zu unternehmen, um das Café Netzwerk zumindest in der Nähe des angestammten Platzes zu erhalten". Konkret heißt das: Er und sein Gremiumskollege Felix Lang (SPD) recherchieren mögliche Ausweichobjekte. Vielleicht tröstet sie ein Satz von Netzwerk-Chef Köse: "Wir freuen uns jetzt schon auf die Rückkehr in die Maxvorstadt."

© SZ vom 16.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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