Am Anfang passiert nichts. Einzelne Töne tauchen dann in Toshio Hosokawas' "Melodia II" von 1979 auf. Mit vielen Pausen und viel Luft dazwischen. Eine pointierte Reduktion, in der sich harmonisch Einfaches und Fassbares schließlich in wunderschönes Akkorden und aggressivem Forte löst. Mit diesem Stück, das so radikal wie freundlich ist, eröffnet die in München lebende japanische Pianistin Masako Ohta ihr Album "My Japanese Heart". Und diesen Charakter behält die CD, auf der japanische Musik von 1650 bis heute kompiliert ist, bei. Vom auch hier bekannteren Toru Takemitsu spielt Ohta etwa die "Rain Skteches" und eine Litanei (Im Gedenken an Michael Vyner), mit der das Album endet. Takemitsus Stücke klingen dabei am meisten nach klassischer Moderne. Schön sind sie, vor allem auch in der Leichtigkeit, die Othas Spiel immer in sich trägt und die selbst Disharmonischem immer etwas Tänzelndes gibt.
Faszinierender aber ist an diesem Album die im europäischen Kulturkreis unbekanntere alte Musik. Etwa das viersätzige "Rokudan no Shirabe" von Kengyo Yatsuhashi aus dem 17. Jahrhundert. Rhythmisch beschwingt und irgendwie bekannt kommt es einem vor, obwohl es harmonisch für westliche Ohren viel moderner klingt als seine Kompositionszeit vermuten lässt.
My Japanese Heart, Masako Ohta (Klavier), Winter&Winter, 2020