Malermeisterin Antje Hajer:"Das tut uns gut"

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Malermeisterin Antje Hajer meint, man müsse Geflüchteten so rasch wie möglich die Chance bieten, einer Arbeit nachzugehen. (Foto: Robert Haas)

Ein Job sei einer der besten Wege, sich zu integrieren

Von Juri Auel

Es sind diese kleinen Dinge, an denen die Malermeisterin Antje Hajer merkt, welches Glück sie doch gerade mit ihrem Auszubildenden hat. Wenn er morgens in die Werkstatt kommt und von sich aus die leeren Kartons, die noch herumstehen, in den Müll packt. Wenn er ganz selbstverständlich flink die Pinsel auswäscht und sie nicht einfach verklebt liegen lässt. Oder wenn er freitags, bevor es ins Wochenende geht, noch schnell die Einfahrt kehrt. Seit einem halben Jahr lernt Modou nun im Betrieb von Antje Hajer und ihrem Mann Johannes das Malerhandwerk. "Modou ist aufmerksam und äußerst respektvoll. Er sieht die Arbeit und erledigt sie", sagt die Geschäftsführerin. "Wir sind einfach nur begeistert." Einheimische Auszubildende zu finden, die den gleichen Eifer an den Tag legen, sei nicht einfach.

Modou hat viel durchgemacht in seinem Leben, bevor ihn sein Schicksal nach München führte. Mit zwölf, so erzählt es seine Chefin, wurde er von Rebellen aus seinem Dorf im Senegal geraubt. Er sollte als Kindersoldat an der Waffe ausgebildet werden, konnte aber eines Nachts zusammen mit anderen fliehen. Jahrelang schlug er sich durch, reiste von Land zu Land, bis er es schließlich nach Deutschland schaffte. Eine Schule hatte Modou in seiner Heimat nie besucht, nie eine Ausbildung gemacht. In München angekommen, konnte er hier endlich einen Abschluss an einer Mittelschule machen.

Über ehrenamtliche Helfer lernten die Hajers den heute 24-Jährigen kennen, ließen ihn in ihrem Betrieb Probe arbeiten und boten ihm schließlich eine Ausbildung an. "Es ist beeindruckend, was diese jungen Menschen leisten. Was sie auf sich nehmen, um hier eine neue, kleine Existenz aufzubauen", sagt Antje Hajer.

Es sei wichtig, Geflüchteten so rasch wie möglich die Chance zu bieten, einen Job zu bekommen. Arbeiten sei einer der besten Wege, sich zu integrieren. "Das tut den jungen Leuten gut und das tut uns gut. Wir im Handwerk brauchen diese Fachkräfte." Modou ist nicht der erste Flüchtling, den die Hajers ausbilden. Damals, in den Neunzigern, als Tausende Menschen vor dem Jugoslawienkrieg nach Deutschland flohen, engagierten sie sich ebenfalls. Die Enttäuschung war groß, als ihr Azubi, der es bis zum Meister geschafft hatte, nach dem Ende des Kriegs plötzlich abgeschoben werden sollte. Am Ende ging die Geschichte doch noch gut aus, ihr früherer Lehrling lebe heute in Kroatien und habe sich selbständig gemacht. Was sie Betrieben rät, die zögern, einem Flüchtling eine Chance zu geben? Hajer überlegt kurz. "Man muss sich den Menschen ansehen und es dann versuchen. Wir können alle zusammenleben, egal welche Herkunft und Religion wir haben", sagt sie. An diesem Freitag hat sie noch einen Termin. Ein junger Mann aus Afghanistan, der Arbeit sucht, stellt sich bei ihr vor.

© SZ vom 12.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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