Macher der Nacht:Der Sperrzeit-Gegner

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Mathias Scheffel weiß, dass Clubs am meisten profitieren, wenn sie zusammenarbeiten

Von Philipp Crone, München

Die Sitzung dauerte eineinhalb Stunden. Mathias Scheffel saß im Rathaus in einem Sitzungssaal. Mit am Tisch der damalige Oberbürgermeister Christian Ude, Hans-Peter Uhl als Leiter des Kreisverwaltungsreferats, dazu der damalige Polizeipräsident. Es war das Jahr 1993, das Thema: Sperrzeit. Scheffel arbeitete zu der Zeit als Geschäftsführer am alten Flughafen Riem, wo Veranstalter Wolfgang Nöth eine große Konzerthalle etabliert hatte. "Nur in München gab es ja diese Sperrzeit. Mit dem Argument: Die Zeit zwischen vier und sechs Uhr am Morgen ist die kriminogene Zeit, wo besonders viel passiert. Da sollten die Leute also bitte heimgehen."

Scheffel war von den Veranstaltern der Stadt beauftragt, die Argumente der Sperrzeit-Gegner darzulegen, währen Uhl für den Erhalt kämpfte. "20 Leute waren da, vor allem Stadträte, und am Ende hat Ude die Sperrzeit gekippt." Von da an wurde den Nachtgastronomen nach und nach erlaubt, länger aufzuhaben. Zunächst an Orten wie in Riem und dem Kunstpark von 1996 an. Im Jahr 2004 wurde die Sperrzeit in allen Stadtteilen aufgehoben.

Scheffel hat also durchaus dazu beigetragen, dass es heute so eine Fülle von Angeboten im Nachtleben gibt. Angefangen hatte er als DJ, damit wollte er sich das Jura-Studium finanzieren. Er wurde DJ im Café Größenwahn und begann schnell, Partys zu organisieren. "Im Pulverturm, im Parkcafé zum Beispiel." Nöth verpflichtete ihn später. Und als dann im Oktober 1996 das ehemalige Pfanni-Gelände zur Verfügung stand, waren Nöth und er zur Stelle. "Das hat die Stadt damals erst einmal leergesaugt." Es entstanden 33 Läden, "und manchmal waren an einem Samstag bis zu 30 000 Leute da". Die wichtigste Erkenntnis aus den Kunstparkzeiten, der 2003 geschlossen hat: "Die Leute haben gemerkt, dass es nicht schadet, wenn neben ihnen jemand einen weiteren Laden aufmacht, sondern dass es allen nutzt." Als die Milchbar eröffnete, gab es schon das K 41, dort lief sogar die gleiche Musik, und trotzdem hat man sich nichts weggenommen. So erklärt sich Scheffel auch das grundsätzlich gute Miteinander in der Münchner Szene. "Natürlich gibt es Rivalitäten, aber es ist nie aggressiv, und es gibt gemeinsame Aktionen." Früher fuhren Busse vom Nachtwerk zum Flughafen, der sogenannte Night-Move, es gibt die Lange Nacht der Münchner Clubs, den Verband der Münchner Kulturveranstalter oder die Aktion "Cool bleiben" von Harry-Klein-Betreiber David Süß, eine Kooperation von Polizei, Stadt und Wirten.

Scheffel ist mittendrin im Münchner Nachtleben-Netz. Am Filmcasino ist er beteiligt, mit Andreas Haidinger, der wiederum das 089 betreibt, am Pacha, zusammen mit den Szenegrößen Thomas Hilner und Michi Kern, mit Constantin Wahl betreibt er das Jack Rabbit und den Gecko-Club am Maximiliansplatz, und mit Hugo Crocamo, dem Szenewirt des H'ugo's, dessen Außenstelle in Starnberg, den Beachclub. Wenn nun also ein Veranstalter seine Flyer für eine Pacha-Party auch in Starnberg auslegen möchte, läuft das über Scheffel. Und so ist es wie damals im Kunstpark: Die Münchner Veranstalter wissen, dass sie voneinander am meisten profitieren, wenn sie zusammenarbeiten, am besten sogar als Partner.

Einige der prägenden Figuren in Münchens Nachtleben stellt die Süddeutsche Zeitung in loser Folge in der Serie "Macher der Nacht" vor.

© SZ vom 12.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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