Macher der Nacht:Der Rastlose

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Vom Postpalast zur Partylocation: Wolfgang Nöth (links) mit Matthias Schlick und Michael Käfer (rechts). (Foto: Stephan Rumpf)

Wolfgang Nöth veranstaltete Rave-Partys auf dem ehemaligen Flughafengelände in Riem, dann organisierte er den Kunstpark Ost. Wie München wohl ohne seine Rastlosigkeit aussehen würde?

Von Philipp Crone, München

Wie München wohl ohne diese Rastlosigkeit des 72-Jährigen aussehen würde? "Ich habe einfach einen unruhigen Geist", sagt Wolfgang Nöth. Bevor er Mitte der Neunzigerjahre den Münchnern das großflächige Feiern beibrachte, hatte er erst einmal gelernt, "wie man Sachen verkauft". Er war in einem Waisenhaus aufgewachsen und in einem Kloster zur Schule gegangen und hatte mit 13 Jahren bei Neckermann gelernt, arbeitete als Bauarbeiter, Dachdecker, Sägewerks-Hilfsarbeiter.

Irgendwann ging es dann zur Kultur. 1980 betrieb er das Fraunhofer-Theater, zusammen mit dem Wirt Josef Bachmaier. "Dem habe ich viel zu verdanken, damals konnte ich ja noch nicht einmal ein Weißbier einschenken." Am Ende schaffte er sechs Weißbier auf einmal. Und zu der Zeit entwickelte sich auch der ausgeprägte Selbstvermarktungssinn. "Ich bin Franke, und wir Franken haben ja schon immer die Kultur nach München gebracht", sagt er. Zunächst ging es aber noch einmal nach Frankfurt, ehe er 1982 in München die Theater-Fabrik eröffnete, das Grundstück verkaufte er später gewinnbringend an die Allianz AG. Es folgte danach das Nachtwerk und dann kam 1992 der Zuschlag für die Zwischennutzung des alten Geländes am alten Flughafen in Riem, von da an mischte er sich das erste Mal in das Münchner Nachtleben ein.

Die ersten großen Rave-Partys veranstaltete Nöth in Riem, dann organisierte er den Kunstpark Ost. "Ich wollte die Zahl von 33 Clubs erreichen, für jedes Lebensjahr von Jesus einen Club", sagt Nöth, der ehemalige Klosterschüler, der dazu noch die Einstellung hat: "Wenn man Ahnung hat, macht man mehr Fehler, als wenn man keine Ahnung hat." So viele Fehler waren es dann im Kunstpark Ost allerdings nicht.

Und heute? Wie sieht er die Stadt? "Die hat sich sehr gewandelt. Es ist wie mit der Musikmode, alles dreht sich immer wieder im Kreis. Auch beim Thema Lärmbelästigung." Zum einen wollten die Münchner, dass die Innenstadt belebt ist, sagt Nöth, "aber wenn dann ein paar junge Leute Geld in die Hand nehmen und etwas aufbauen und eröffnen, dann ist es auch nicht recht." Ihm fehlt insgesamt das Fingerspitzengefühl bei diesem Thema. Es müsse einfach mehr Gespräche geben zwischen allen Beteiligten, schließlich würde das oft kritisierte Kreisverwaltungsreferat ja auch nur die Richtlinien und Vorgaben der Stadt umsetzen, also das, was der Stadtrat beschließt. "Und wenn die Stadt so weitermacht, dann wachen die Bürger irgendwann auf und die guten Kulturschaffenden und Club-Betreiber sind nicht mehr da. Die Künstler sind ja alle schon weg."

Nöth betreibt derzeit die Eventhalle "Schlafwagenfabrik Neuaubing", das Zenith, ist am Optimol beteiligt, einer Abspaltung des ehemaligen Kunstparks, dann am Kesselhaus, am Lustspielhaus und an der Lach & Schieß. Und die Pläne für das nächste Jahr lauten? "Ich will in Aubing im Wasserski-Park einen Zarenpalast bauen, einen für alle, mit Bernsteinzimmer. Den kann ich ja dann vielleicht an Putin verkaufen." Was ein unruhiger Geist eben alles so hervorbringt.

© SZ vom 20.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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