Luise-Kiesselbach-Platz:Hochbetrieb unter Tage

Bagger buddeln, Krähne hieven und Drohnen helfen den Planern, unter Tage den Überblick zu behalten: Im künftigen Tunnel unter dem Luise-Kiesselbach-Platz herrscht Hochbetrieb. Ein Besuch in Bildern.

Von Marco Völklein (Text) und Alessandra Schellnegger (Fotos)

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

Bagger buddeln, Krähne hieven, Arbeiter passen Rohre ein - und das alles unter Tage. Im künftigen Tunnel unter dem Luise-Kiesselbach-Platz herrscht Hochbetrieb. An der Oberfläche ist von den Bauarbeiten, die wahrscheinlich 2015 beendet sein werden, kaum etwas zu sehen. Drohnen helfen den Tunnelplanern, den Überblick zu behalten. Auch wenn Drohnen derzeit in keinem guten Ruf stehen - Johann Wittmann will auf die kleinen, unbemannten Flugobjekte nicht verzichten. Alle vier Wochen schickt das Baureferat eine Drohne über die Riesenbaustelle rund um den Luise-Kiesselbach-Platz im Münchner Südwesten und lässt den etwa zweieinhalb Kilometer langen Abschnitt des Mittleren Rings, der im Jahr 2015 weitestgehend im Tunnel verschwinden soll, aus der Luft fotografieren. Projektleiter Wittmann und seine Kollegen aus dem Baureferat verschaffen sich so regelmäßig einen Überblick von oben. Denn unten, im Tunnel, sind sie ohnehin ständig präsent.

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

Dort läuft alles nach Plan. Die Kosten von geschätzt 398 Millionen Euro habe man im Griff, sagt Wittmann: "Das Geld wird reichen." Auch der Zeitplan wird wohl zu halten sein. Im "zweiten Halbjahr 2015", sagt der Projektleiter, werde die Stadt den Tunnel Südwest aller Voraussicht nach in Betrieb nehmen können. Bis dahin allerdings werden sich die Autofahrer weiter durch Münchens längste Straßenbaumaßnahme quälen müssen - ohne dass sie all das mitbekommen, was währenddessen unter Tage passiert.

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

Dort herrscht bereits jetzt äußerst reger Verkehr. Betonmischer liefern immer wieder neue Ladungen Baustoff an, Bagger buddeln Gräben für die Entwässerung, Kräne hieven schwere Rohrbauteile durch die Luft, Arbeiter passen diese zentimetergenau an die dafür vorgesehene Stelle ein. Den Tunnel haben Wittmann und seine Kollegen zum Großteil in sogenannter "Deckelbauweise" erstellt. Dabei treiben die Arbeiter von oben zunächst die künftigen Seitenwände aus Beton in die Erde, anschließend wird die Tunneldecke aufs Erdreich betoniert. Erst wenn das Gerüst des künftigen Tunnels steht, rücken die Bagger an und wühlen sich von beiden Tunnelportalen aus durch das Erdreich. Ist der Aushub rausgebaggert, steht der neue Straßentunnel - zumindest im Rohbau. Dann geht es an die Feinarbeit.

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

Diesen wichtigen Zwischenschritt haben Wittmann und seine Leute mittlerweile erreicht. Der Aushub ist draußen. Wenn er wollte, könnte Wittmann am Nordportal des Tunnels am Ende der Garmischer Autobahn unter die Erde tauchen und eine 2,5 Kilometer lange unterirdische Wanderung antreten - um am Ende am Südportal an der Passauerstraße wieder ans Tageslicht zu gelangen. Zwischendurch, an der Heckenstallerstraße, hätte er die Sonne bereits kurz gesehen, denn dort hat sich die Stadt vor allem aus Kostengründen entschieden, den Mittleren Ring nicht in einem Tunnel verschwinden zu lassen, sondern nur in einem abgesenkten Trog zu führen. Anschließend allerdings, im Abschnitt zwischen Höglwörther Straße und Passauerstraße, kommt noch einmal ein 620 Meter langer Tunnelabschnitt.

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

Dort und in den anderen Tunnelbereichen wird in den kommenden zwei Jahren noch ordentlich gearbeitet. Bis Ende des Jahres sollen, sofern alles klappt, die Bauarbeiter in einigen Abschnitten mit den Betonarbeiten, dem Einbau der Entwässerung sowie der Fahrbahn fertig sein. Im Abschnitt westlich der Passauerstraße bauen die Arbeiter zurzeit gerade eine sogenannte "Schlitzrinne" ein. Die verläuft entlang der Fahrbahn komplett durch den Tunnel und soll bei einem Unfall mit einem Gefahrgut-Laster eventuell austretende Flüssigkeiten auffangen und in Spezialbehältern sammeln. Von dort können die Feuerwehr oder Spezialfirmen die Stoffe abpumpen.

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

In einem nächsten Schritt werden die Straßenbauer anrücken und die Fahrbahn asphaltieren. Sind die fertig, sind die anderen Fachabteilungen des Baureferats an der Reihe: Elektriker werden Lampen und Überwachungskameras montieren, Handwerker werden die Fluchtwegebeschilderungen anbringen und die Türen zu den 15 Fluchttreppenhäusern einbauen. Auch Lautsprecher, über die sich die Mitarbeiter der Verkehrszentrale bei einem Notfall an die Autofahrer im Tunnel wenden können, müssen installiert werden; ebenso große Entlüftungsanlagen, die bei Rauchentwicklung die giftigen Gase nach draußen pusten. Allein für die zu installierende Technik haben Wittmann und seine Ingenieure etwa 40 Millionen Euro veranschlagt.

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

An der Oberfläche indes wird sich in den nächsten zwei Jahren zunächst einmal nicht viel tun. Mussten die Arbeiter in den vergangenen Monaten regelmäßig die Fahrbahnen immer mal wieder verlegen, um Tunnelwände und -decken Stück für Stück betonieren zu können, so ändert sich an der jetzigen Verkehrsführung im Großen und Ganzen bis 2015 kaum noch etwas. Lediglich direkt auf dem Luise-Kiesselbach-Platz wird der Abzweig zur Autobahn noch einmal verschwenkt; auf einem kleinen Teil des künftigen Platzes wollen die Ingenieure bereits damit beginnen, die Oberflächen zu gestalten - mit schmaleren Straßen, neuen Parkbuchten, Rad- und Gehwegen und mehr Platz für Bäume.

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

Von 2015 an sollen dann auch die anderen Abschnitte des ehemaligen Mittleren Rings in Garmischer und Heckenstallerstraße umgestaltet werden. Schmalere Straßen, mehr Grün, breite Wege für Fußgänger und Radfahrer - das ist das Konzept. Wie es genau aussieht, dazu kann Wittmann noch nichts sagen. "Das ist noch in der Abstimmung." Klar ist aber: Der Ostteil der Heckenstallerstraße wird zu einem Park umgewandelt. Bis 2017 wird es dauern, bis alles fertig ist. Am Ende wird Wittmann erneut eine Drohne abheben lassen. Zu einem allerletzten Kontrollflug. Um zu schauen, ob auch alles so gebaut wurde, wie er und seine Leute es geplant hatten.

© SZ vom 09.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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