Lufthansa-Chef erläutert Ziele:Durchstarter

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Thomas Winkelmann führt seit November die Lufthansa-Dependance im Erdinger Moos. Ende April wird er das neue Satellitenterminal eröffnen. (Foto: Florian Peljak)

Thomas Winkelmann, neuer Chef von Lufthansa in München, will 700 Leute einstellen

Von Marco Völklein

Thomas Winkelmann hat sich viel vorgenommen. 600 Flugbegleiter will der neue Chef des Münchner Lufthansa-Standorts einstellen, dazu 100 Mitarbeiter für Aufgaben am Boden. Die ersten zehn Airbus-Maschinen vom neuen Typ A350 will er von Januar 2017 an im Erdinger Moos einflotten. Und bereits Ende April soll "absolut pünktlich und voll im Kostenplan", wie er sagt, das neue Satellitenterminal auf dem östlichen Vorfeld in Betrieb gehen. Ganz nebenbei wird der 57-Jährige in den kommenden Monaten auch mal den Steward spielen: In Uniform und mit Rollwägelchen will er durch die Reihen eines Fernflugs gehen, Tomatensaft ausschenken und Menüs reichen. In der Business Class oder der Holzklasse? "Nur in der Economy", sagt Winkelmann. "Da ist richtig was los."

Der Kontakt zum Kunden sei ihm wichtig, sagt der neue Chef, der im November die Leitung des Münchner Lufthansa-Drehkreuzes mit etwa 11 000 Mitarbeitern von Thomas Klühr übernommen hat. Nach knapp vier Monaten auf dem Chefsessel äußert er sich nun erstmals zu seinen Plänen. Und den Herausforderungen, denen sich Deutschlands größte Fluggesellschaft im Erdinger Moos stellen muss. Da ist zum Beispiel ein neuer Konkurrent, die Billigfluglinie Transavia, eine Tochter von KLM und Air France. Vier Boeing 737 wird Transavia-Chef Mattjis ten Brink in den nächsten Wochen im Erdinger Moos stationieren. Und mit Destinationen in Spanien, Portugal oder Belgien hat die Billigfluglinie viele Zielflughäfen im Angebot, die auch Winkelmann mit seiner Truppe anfliegt.

Hat er Angst? "Wir nehmen Transavia sehr ernst", sagt Winkelmann, "so wie wir jeden Konkurrenten ernst nehmen". Aber er macht auch klar: Ten Brink und seine Leute werden sich warm anziehen müssen. Beim Preis, bei der "On-Time-Performance", also der Pünktlichkeit, und bei der "Gepäckquote", also der Frage, ob das Gepäck pünktlich da ankommt, wo es hin soll, "bei all diesen Punkten wollen wir der Beste sein", sagt Winkelmann. Dabei werde auch das neue Satellitenterminal helfen. Und insbesondere bei den Preisen werde sich Lufthansa nicht hinter Transavia verstecken müssen. Die Fördersummen, die der Flughafen an ten Brinks Airline zum Start zahlt, sieht Winkelmann gelassen. "Überall auf der Welt werden neue Linien anfangs von den Flughäfen unterstützt." Ob auch Lufthansa von solchen Förderungen profitiert hat, sagt er nicht. Vergangene Woche war bekannt geworden, dass die Betreibergesellschaft des Münchner Flughafens in den Jahren 2013 und 2014 insgesamt 34 Millionen Euro an 46 Fluggesellschaften gezahlt hatte, um diese beim Aufbau neuer Verbindungen zu unterstützen. Gegner der geplanten dritten Start- und Landebahn hatten dies kritisiert: Der Flughafen "erkaufe" sich damit eine höhere Auslastung.

Bei der Frage nach dem umstrittenen Ausbauprojekt steht auch der neue Lufthansa-Statthalter voll zu den Plänen. Wie sein Vorgänger Klühr und Flughafenchef Michael Kerkloh verweist auch Winkelmann auf die Golfstaaten oder die Türkei, wo neue Drehkreuze entstehen. "Der weltweite Wettbewerb ruht ja nicht", sagt Winkelmann. Um gegenüber diesen Konkurrenten "auf lange Sicht nicht ins Hintertreffen zu geraten", müsse der Münchner Airport um die dritte Start- und Landebahn erweitert werden. Andernfalls drohe ihm der Abstieg von einem Drehkreuz mit zahlreichen Verbindungen in die gesamte Welt, von denen wiederum die heimische Exportindustrie stark profitiere, zu einem "Provinzflughafen mit Zubringerfunktion".

Der absichtlich durch den Co-Piloten herbeigeführte Absturz einer Germanwings-Maschine vor knapp einem Jahr in der französischen Alpen mit 150 Toten habe "im gesamten Konzern einen tiefen Schock" ausgelöst, sagt Winkelmann. Er stand damals an der Spitze der Lufthansa-Tochter. Der Absturz wirke noch immer nach, sei "allgegenwärtig" im Unternehmen und werde "auch immer eine Rolle spielen". Immer wieder kämen Mitarbeiter auf ihn zu und sprächen ihn darauf an. Es herrsche "ein unheimliches Zusammengehörigkeitsgefühl".

© SZ vom 18.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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