Lokalpolitik:Als das Festbier aus Moosburg kam

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Martin Pschorr gehört mittlerweile seit mehr als 40 Jahren dem Stadtrat an. Die SPD stellte damals den Bürgermeister.

Von Alexander Kappen, Moosburg

Als das Moosburger Frühlingsfest im Mai 1977 seinen zehnten Geburtstag feierte, kostete die Mass, manchem wird das die Tränen in die Augen treiben, noch geschmeidige 3,10 - Mark wohl gemerkt. Das Festbier stammte aus der Moosburger Brauerei Kirchhammer, die 1991 geschlossen wurde. Der Bürgermeister hieß Oskar Hertel, war fünf Jahre zuvor mit fast 95 Prozent der Stimmen wiedergewählt worden und gehörte der SPD an, die da bereits seit 17 Jahren die Mehrheit im Stadtrat stellte. Ja, solche Zeiten hat es in Moosburg tatsächlich mal gegeben. Seitdem hat sich in der Stadt viel verändert - und auch wieder nicht.

Etliche Themen, die die Lokalpolitiker damals umtrieben, stehen auch heute in gleicher oder ähnlicher Form auf der Agenda. Und einer, der bereits 1977 mitmischte, sitzt heute wie damals im Stadtrat: Martin Pschorr.

Der pensionierte Realschullehrer, der dem Gremium seit 45 Jahren angehört und nun eines von nur noch drei Mitgliedern der bis an den Rand der Bedeutungslosigkeit geschrumpften SPD-Fraktion ist, arbeitet heute mit seinen Stadtratskollegen an der Umsetzung des "Integrierten Stadtentwicklungskonzepts". In den 70er Jahren hieß das halt noch Stadtentwicklungsplan. "Auch Sachen wie Verkehrsberuhigung, Wohngebiete und Wohnnutzung waren damals schon Themen", erinnert er sich. Und auch um das Lieblingskind der Moosburger, die Parkplätze, "ging es damals schon". Moosburgs Rolle als Mittelzentrum beschäftigte die Lokalpolitiker ebenfalls damals wie heute. "In den 70er Jahren ist die Stadt als Mittelzentrum ausgewiesen worden, obwohl sie mit rund 13 000 Einwohnern gar nicht so groß war", sagt Pschorr, "aber es gab die großen Betriebe wie Steinbock, Südchemie und Driescher - außer in Moosburg war der Landkreis damals industriell unbedeutend".

Man machte sich daran, "Moosburg als Mittelzentrum auszubauen, die Innenstadt zu stärken - wenn auch unter etwas anderen Gesichtspunkten als heute", sagt Pschorr. Vor allem sei man die Sache seinerzeit "noch konstruktiver und mehr sachbezogen angegangen, heute geht es oft um den Show-Effekt und darum, wie man es verkauft". Früher, als noch weniger Gruppierungen im Stadtrat saßen, seien die Konturen der Fraktionen schärfer gewesen. "Es gab unterschiedliche Konzepte, mit vereinzelten Abweichungen innerhalb der Fraktion, man hat sich mit anderen Parteien im Sinne einer positiven Streitkultur auseinandergesetzt und nach der besten Lösung gesucht", sagt Pschorr: "Heute ist die klare Zuordnung nicht mehr erkennbar, auch innerhalb der Fraktionen - die SPD ist das beste Beispiel."

Nichtsdestotrotz habe man in der Stadt in den vergangenen 40 Jahren einiges vorwärts gebracht. Pschorr erinnert an die Westumfahrung, die Baywa-Unterführung und als langjähriger Schulreferent auch an den Ausbau des Schulstandortes Moosburg. Das Gymnasium wurde 1976 im Keller der Albinhalle eröffnet und das eigentliche Gebäude 1977 fertiggestellt. Später wurden die Grundschulen Nord und Süd sowie die Realschule erweitert und saniert. "Wir haben alles getan, damit das Schulwesen bestmöglich funktioniert."

Im Jahr 1978 kandidierte Martin Pschorr (rechts oben) für seine zweite Amtszeit im Moosburger Stadtrat. Mit dabei auch sein langjähriger politischer Weggefährte Anton Neumaier (Nummer 4). (Foto: privat)

Manche Schlappe musste die Stadt allerdings auch hinnehmen. So wurden das Amtsgericht und das Krankenhaus, deren Auflösungen bereits 1977 im Raum standen, in den 2000er Jahren nach langem Kampf schließlich doch geschlossen. Und auch was die Verkehrsberuhigung in der Innenstadt angeht, tritt man noch ein bisschen auf der Stelle. "Das ist auch in Zukunft eine Aufgabe", sagt Pschorr. Man darf also gespannt sein, ob der Verkehr im Stadtzentrum auch in 40 Jahren noch ein Thema ist. Und ob es in Moosburg dann wieder eine eigene Brauerei gibt, die das Frühlingsfest mit Bier beliefert.

© SZ vom 06.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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