Literaturfest:Wörter für das Schweigen

Mit ihrem Buch "Erschlagt die Armen!" erregte sie Aufsehen. Auf dem Münchner Literaturfest erzählt Shumona Sinha vom Leben zwischen Paris und Kalkutta.

Von Antje Weber

"Die Macht der Worte kennt keine Grenzen, keine Schwachstelle, sie beherrscht die Dinge, die Tatsachen, unsere Vorstellungen und unsere Gefühle", schreibt Shumona Sinha in ihrem Roman "Kalkutta" (Edition Nautilus).

Die in Kalkutta geborene Schriftstellerin, die in Paris lebt, weiß genau, wovon sie spricht: Ihr Aufsehen erregendes vorheriges Buch "Erschlagt die Armen!" erzählte von den vielen widersprüchlichen Wörtern, die in Asylverfahren fallen. Und die Macht der Worte erfuhr Sinha danach auch noch am eigenen Leib: Sie verlor ihren Job als Dolmetscherin bei der Migrationsbehörde.

Dass sie nun mehr Zeit zum Schreiben hat, wird sie vermutlich nicht bereuen: Ihr Roman "Kalkutta", der die Leser wie zu erwarten in die gleichnamige Stadt reisen lässt, ist wie der vorherige bereits mehrfach ausgezeichnet worden. Sinha erzählt darin nicht nur die Geschichte einer jungen Frau namens Trisha, die aus Paris an ihren Geburtsort zurückkehrt, sondern vor allem die ihrer Eltern und der Lage in Westbengalen überhaupt - der Vater ist Kommunist, die depressive Mutter gilt als wahnsinnig, und die politischen und gesellschaftlichen Konflikte sind bedrückend.

Am schlimmsten erscheint der jungen Trisha jedoch das Schweigen. Das Schweigen dominiert diesen Roman, es liegt über den Beziehungen, über der ganzen Stadt. Und die Worte? Sie dienen, so Sinha, manchmal nur dazu, "das Schweigen hörbar zu machen, es einzufassen wie ein Mäuerchen einen Brunnen. In diesem umgrenzten Raum wird das Schweigen unendlich, unermesslich."

Shumona Sinha: Kalkutta, Fr., 25. Nov., 20 Uhr, Literaturhaus, Salvatorplatz, 089/29193427

© SZ EXTRA vom 24.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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