Linksaußen:Tipps für die Weihnachtspost

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Hier ein paar Tipps für den Weihnachts­postschreiber Markus Söder, wie er seine Steuermillionen auch für Glückwunschbriefe an den Sport sinnvoll verwenden kann.

Kolumne von Andreas Liebmann

Marlene Dietrich zum Beispiel, die Diva: Sie konnte schreiben. Freilich ist es Quatsch anzunehmen, dass früher alles besser war, aber dass eine berühmte Schönheit damals, als es weder Youtube noch Instagram geschweige denn Emojis gab, nicht nur Buchstaben aneinander reihen, sondern schreiben konnte, darf man heute ruhig erwähnen.

Die Dokumente ihrer 30 Jahre währenden Brieffreundschaft mit Friedrich Torberg sind sogar als Buch erschienen. Die Dietrich (das nur als Erläuterung für jüngere Leser) war Hollywood-Schauspielerin. Den Wiener Schriftsteller Torberg kennt man heute vielleicht noch von seinem Roman "Der Schüler Gerber" oder den Übersetzungen des Satirikers Ephraim Kishon, obwohl: Vermutlich kennt man ihn gar nicht mehr. Tja, und Briefe, also, die waren wie E-Mails, nur ohne E. Aus Papier, handgeschrieben, in einem Umschlag mit Klebebild. Lange her.

Der Ministerpräsident verschickt 200 000 Gratulationsschreiben

Mit Sport hat all das nur insofern zu tun, als sich die Dietrich mal mit Tennis beschäftigt haben soll, in einer Zeit, als sie mit Tennislegende Fred Perry zusammen war; und Torberg ein bekannter Wasserballer war, er hat darüber sogar einen Roman geschrieben: "Die Mannschaft". Aber eigentlich geht es hier um das Briefeschreiben, das man - dafür ist Torberg so ein gutes Beispiel - durchaus als Kunstform betreiben kann. Dies nur als Tipp für die anstehende Weihnachtspost. Torbergs Briefwechsel sind in mehreren Büchern festgehalten, mit Verlegern und Redakteuren, mit Originalen und Käuzen, an Freunde und Zeitgenossen. Eigentlich ein Jammer, dass er nie einen eigenen Band "Briefe an Sportler" erschaffen hat.

Das wäre vielleicht mal eine Idee für Markus Söder. Die Grünen haben dem bayerischen Ministerpräsidenten (der übrigens Tennis gespielt hat, obwohl er nie mit Fred Perry liiert war) kürzlich im Landtag "überbordendes Mitteilungsbedürfnis" vorgeworfen. Es ging um millionenschwere Posten im Nachtragshaushalt mit dem Titel "Mehrbedarf für die Erstellung und den Versand von Gratulationsschreiben des Herrn Ministerpräsidenten"; knapp fünf Millionen Euro für Postdienstleistungen, Kommunikationsgeräte, Raummieten. Der Herr Ministerpräsident verschickt gerne Post, und wer es ernst meint mit dem Briefeschreiben, dem ist jeder Anlass recht, zu Feder, Tinte und Büttenpapier zu greifen und Freude zu bereiten. Sicher sitzt er oft bis weit nach Mitternacht an seinen Kunstwerken, signiert sie, tütet sie ein, spritzt etwas Parfüm drauf, dann erst geht er zu Bett. 200 000 Glückwunschschreiben pro Jahr verschickt er. Zu Geburtstagen, Ehejubiläen und, jetzt neu: zur Volljährigkeit! Jedem. ("Herzlichen Glückwunsch, ab heute dürfen Sie mich wählen...)

Die Glückwünsche an Türkgücü liegen längst in der Schublade

Gerade für Söder, den Club-Fan, dürfte es selbstverständlich sein, dass ein erheblicher Teil seiner Grußbotschaften dem Sport gilt. Gegen Saisonende dürfte er deshalb wieder etwas Stress bekommen. Vermutlich sind dann nicht mehr alle Zeilen so liebevoll handschriftlich verfasst, vielleicht reimen sie sich auch nicht mehr. Torbergs Ansprüchen werden sie dann vermutlich vorübergehend nicht genügen. Manches lässt sich aber vorbereiten: Die Aufstiegsglückwünsche an Türkgücü und den FC Pipinsried hat er vermutlich seit Ende September unterschriftsreif in einer Schublade deponiert. Für den EHC sowie Bayerns Fuß- und Basketballer gibt es sicher eine Art Vorlage, in die nur die aktuelle Jahreszahl einzufügen ist. In diesem Jahr ist da jedoch Vorsicht geboten: Die Glückwünsche an die Fußballer des FC Bayern sollten wirklich erst nach gründlicher Überprüfung des Tabellenstands abgeschickt werden.

Für alles Weitere hier ein paar Tipps. Zum Jahreswechsel: SV Siegfried Hallbergmoos, zum Klassenerhalt. Der SpVgg Unterhaching zum 95., dem TSV 1860 zum 160. Geburtstag. Am besten sofort: Skicrosserin Heidi Zacher für eine verletzungsfreie Vorbereitung. Ende April: Brucks Handballern zum Titel (Aufstieg?); den Alpenvolleys zum dritten Geburtstag. Anfang Juni: Kärtchen an alle Meister im Amateurfußball. Und, jetzt neu: An alle, die die Klasse gehalten haben. Aber erst mal die Weihnachtspost...

© SZ vom 16.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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