Linksaußen:Quell allen Übels

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Rasender Robben: Der Holländer des FC Bayern während seines Aufwärmprogramms. (Foto: imago/MIS)

Aufwärmen ist Mist! Über eine sportwissenschaftlich vielleicht heikle, infektiologisch aber interessante neue These - die sogar sichere Olympische Spiele garantieren könnte.

Kolumne von Andreas Liebmann

Es gibt ein Fun-T-Shirt für gemütliche Hobbysportler, darauf steht geschrieben: "Dies ist ein Einspielshirt. Das muss als Spielvorbereitung reichen." Wer es überstreift, hat sicher ein paar Lacher auf seiner Seite. Vermutlich ist es auch kein Zufall, dass es bis zur Größe XXXXL erhältlich ist, weshalb eigentlich sogar Niklas Süle... - nein, im Ernst, der Verteidiger des FC Bayern München hat zwar gerade im SZ-Interview daran erinnert, wie er unaufgewärmt ins Champions-League-Finale gegen Paris ging (mit Gänsehaut, was aber nichts mit Kälte zu tun hatte) - doch das war einzig der plötzlichen Not nach der Verletzung von Jérôme Boateng geschuldet. Spätestens seit seinen Hilfseinsätzen als hackentricksendes Übersteiger-Laufwunder auf der Außenbahn muss man ihm auch nicht mehr mit Obelix-Witzen kommen ("Ich bin nicht dick! Nein, mein Herr! Nur kräftig gebaut!"). Süle ist fleißig und topfit.

Dass sein Aufwärmprogramm dennoch gemächlicher aussieht als seinerzeit das von Arjen Robben, liegt am Holländer. Von wegen entspannter Hopserlauf: Bei Robbens Sprints stoben schon vor dem Spiel Grashalme durch die Luft, als wäre er auf einem raketengetriebenen Rennrasenmäher unterwegs oder wollte sich eben noch für den olympischen 100-Meter-Lauf qualifizieren. Nachteil seiner imposanten Performance: Gelegentlich zog sich Robben schon beim Aufwärmen eine Muskelverletzung zu, was man in dieser Häufigkeit zuvor nur von Alexander Zickler kannte. Man kann aus all dem schließen: Aufwärmen ist Mist!

Rein sportwissenschaftlich ist diese These heikel, schon klar. Infektiologisch ist sie aktuell aber höchst interessant. Zwei kleine Beispiele aus der großen Welt des Profisports: In Katar wunderte sich die Tischtennis-Weltelite zuletzt, dass während zweier Turniere der neuen Hochglanz-Serie WTT zwar strengste Hygieneregeln galten, die Trainingshalle aber überfüllter war als mancher Schulbus auf dem Weg zum Wechselunterricht. Sechs Spieler drängelten sich an jedem Tisch, erzählte Schwabhausens Sabine Winter, kaum genug Abstand, um fremden Schlägern auszuweichen. Corona-Fälle von dort sind bisher nicht bekannt. Anders bei der Hallen-EM der Leichtathleten in Torun: Wie einige Dutzend andere kam der Münchner Hochspringer Tobias Potye mit einer Covid-Infektion zurück und steckte vor deren Entdeckung noch seine Trainingsgruppe an. Als Superspreading-Quelle in Torun verdächtigt der österreichische Verband natürlich, nein: keine Après-Jump-Bar, sondern: die Aufwärmhalle!

Im Lichte dieser Erkenntnisse steht sicheren Olympischen Spielen nun endgültig nichts mehr im Weg - man muss in Tokio neben den Zuschauern einfach auch das gefährliche Aufwärmen streichen. Typisch, dass die Wissenschaft nicht auf so naheliegende Lösungen kommt. Das Einspiel-Shirt könnte dann dort zum echten Renner werden. Mit Fünf-Ringe-Symbol, übersetzt in mehr als 30 Sprachen. Die SZ nimmt Vorbestellungen entgegen.

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