Linksaußen:Löwen müssen draußen bleiben

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Rumms! 1860 München sucht für die Zeit des Umbaus seines Stadions vorsorglich nach Ersatzstandorten. Und steht vor verschlossenen Türen. Dabei gäbe es eine frei stehende Arena - fast ganz in der Nähe...

Kolumne von Andreas Liebmann

Es mag an die Herbergssuche von Maria und Josef erinnern, aber wirklich nur ein klitzekleines bisschen. Als die erste Absage kam, war gerade Sabine durchs Land gezogen, in ihrem Windschatten gingen unwirtliche Schneeschauer darnieder, da konnte man fast Mitleid bekommen - aber noch ziehen die Münchner Löwen ja gar nicht heimatlos umher. Sie wissen nur, dass das demnächst mal der Fall sein wird, wegen eines Umbaus, der ihr Stadion, hihi: zweitligatauglich machen soll! Vermutlich für Türkgücü. Doch schon bei der ersten Andeutung, dass sie sich bald irgendwo einquartieren müssten, lange bevor sie auch nur irgendwo freundlich lächelnd hätten anklopfen können, mit Bällen und Schlafsäcken unter den Armen, wurden scheppernd die ersten Stadiontore zugeschlagen. Und verrammelt. Vorsorglich.

Die SpVgg Unterhaching schickte am vergangenen Dienstag eigens eine Pressemitteilung durchs Land, auf dass die Löwen gar nicht erst auf blöde Gedanken kämen. Das Präsidium stellte klar, dass eine Untervermietung des Stadions weder auf Dauer noch vorübergehend infrage käme. Einerseits konsequent, weil Klubchef Manfred Schwabl schon früher, als er im Herzen Sechzger war, die strikte Auffassung vertrat, Sechzig gehöre ins Sechzgerstadion. Warum sollte er die Löwen also woanders hineinlassen? Sein Zitat "Giesing ist die einzige Heimat" verstaubt seit elf Jahren im Archiv, aber jetzt, wo es in neuem Zusammenhang erstrahlen kann, ist es höchste Zeit, es mal wieder an die frische Luft zu holen ...

Andererseits, um bei der Wahrheit zu bleiben: Eigentlich ging es vor allem um ein Signal an die Hachinger Anwohner. Denn die waren von der Aussicht, künftig an Wochenenden womöglich regelmäßig Besuch von den Blauen zu bekommen, gar nicht angetan.

Ein leer stehendes Stadion für 17 000 Zuschauer? Gibt es!

Was tags drauf den FC Ingolstadt (das Wetter war immer noch unwirtlich) dazu trieb, die Löwen via Twitter ebenfalls auszuladen, ist unklar. Jedenfalls, auch hier: Tor zu - rumms! - Zugbrücke rauf. Wenn es so weitergeht, müssten rein geografisch bald Augsburg und Stuttgart ihre Stellungen verbarrikadieren, und falls in etwa drei Wochen auch der HSV erklärt, keine Untermieter aus Bayern aufzunehmen, wird es eng für die Löwen.

Kennt jemand zufällig einen Mobbing-Beauftragten für Fußballklubs?

Egal, es gibt Alternativen. Man könnte sich von Tischtennis-Rekordmeister Düsseldorf inspirieren lassen, der am Sonntag ein Heimspiel in der Oberpfalz austrug. Er macht so etwas öfter, ganz ohne Not, weil das Team um Timo Boll auch Fans anzieht, wenn es Heimspiele mal in München oder Hamburg austrägt. Warum sollten also die Löwen nicht gleich eine ganze Tournee durch andere Städte aufziehen, meistbietend und reihum, damit nirgends Anwohner über Gebühr belästigt werden. Platz ist in der kleinsten Maxhütte. Überhaupt: Ob sie mal in der Fröttmaninger Arena angefragt haben?

Besser Variante zwei: zur Untermiete nach Pipinsried. Der angrenzende Maisfeldhügel hat doch schon einmal so viele Sechzig-Fans aufgenommen, dass es aussah, als finde dort die Bergpredigt statt.

Vorschlag drei: Weismain. Ein bisschen ab vom Schuss, aber das 5000-Einwohner-Örtchen in Oberfranken ist nicht nur als Sitz einer kleinen Brauerei zu beneiden, sondern auch eines beachtlichen Fußballstadions, das 17 000 Zuschauer fasst - und quasi leer steht. Denn Hausherr SCW Obermain ist ein Kreisligist, der dort zuletzt vor 110 Fans auftrat.

Der Bayerische Fußball-Verband hat vergangene Woche übrigens eine Liste aller Teilnehmer an seiner neuen eFootball-League verschickt ("An die Controller, fertig, los!"). Unter 36 Bayernligisten finden sich der VfR Garching, der VfB Hallbergmoos, der SV Bad Heilbrunn - nicht aber Haching oder der TSV 1860, obwohl beide im eSport ebenfalls aktiv sind. Schade, zeigen sich hier doch deutlich die Vorteile der digitalen gegenüber der analogen Welt. Man sitzt im Warmen, braucht lediglich ligataugliche Playstations, Stadien sind ebenso überflüssiges Beiwerk wie Anwohner. Sie lassen sich mit wenigen Mausklicks beliebig erschaffen, entfernen oder nach Weismain verschieben. Vorübergehend also nur noch eLöwen? Das spart Platz und Personal, fällt als Vorschlag vier aber wohl durch.

© SZ vom 17.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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