Leopoldstraße in München:Auf die nächste WM!

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Bewohner der Leopoldstraße beschweren sich stets über den Lärm während der WM. Nun haben sie ihr Ziel erreicht: Deutschland ist ausgeschieden.

Annette Ramelsberger

Warum ziehen Menschen in die Stadt? Weil sie es dort so ruhig haben wollen wie auf dem Dorffriedhof? Oder so erholsam wie im Lungensanatorium? Weil sie abends um 22 Uhr brav ins Bett gehen können, ohne dass der Nachbar auf dem Balkon nebenan noch durch Gläserklingen und Lachen den Schönheitsschlaf stört?

Public Viewing in München
:Tränen statt Trööööt

Die Stille nach dem Spiel: Nach der Niederlage der deutschen Mannschaft gegen Spanien trösten sich die Münchner gegenseitig. Gefeiert wird nur in Rot-Gelb.

Oder gar Fans durch die Leopoldstraße ziehen, in deren Nähe man wohnt?

Wer in der Stadt lebt, stößt auf Menschen - die machen Geräusche, manchmal auch noch nach Mitternacht. Vor allem dann, wenn sie wunderbaren Fußball vorgesetzt bekommen und sie stolz sind auf die deutsche Mannschaft. Dann erdreisten sich diese Menschen, mitten in ihrer Stadt Freudentänze aufzuführen.

Im Uni-Brunnen, auf der Leopoldstraße.

Und manche von ihnen vergessen dabei ihre mittelenglischen Umgangsformen und zerdeppern Flaschen und grölen. Das ist nicht unbedingt das, was man sich als kultivierter Mensch in feiner Schwabinger Umgebung wünscht - aber es ist das wahre Leben.

Mit allen Risiken und Nebenwirkungen. Dafür lebt man in der Stadt und nicht in der grünen Hölle von Pullach, Obermenzing oder Bogenhausen, wo der Rasen so sorgfältig manikürt ist wie die Nägel der Bewohner.

Das wissen die Nachbarn der Theresienwiese, das wissen die Nachbarn von Biergärten. Und die Nachbarn der Leopoldstraße sollten sich einfach daran gewöhnen.

Einige Abende voller Enthusiasmus vor der Haustür - und schon begannen die ersten zu jammern. Einer wünschte sich sogar, die deutsche Mannschaft sollte ausscheiden, damit er als Anwohner wieder seine Ruhe hat.

Wunsch erfüllt - jetzt genießt die Leopoldstraße wieder das freundliche Rauschen Tausender Autos. Keine Vuvuzelas, keine hupenden Korsos, keine jubelnden Fans. Wie beruhigend. Wie langweilig.

Auf die nächste WM!

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