Wohnungsbau:"Die Skeptiker brauchen wahrlich keine Angst zu haben"

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Garchings Bürgermeister Dietmar Gruchmann hält es angesichts des ungebrochenen Zuzugs in den Großraum für unausweichlich, neuen Wohnraum zu schaffen. Gleichzeitig verspricht er, dass das neue Quartier im Norden Schritt für Schritt entwickelt wird

Von Gudrun Passarge, Garching

Seit vielen Jahren schon ist die Bebauung im Norden Garchings ein Thema. Gerade werden die letzten Weichen für die sogenannte Kommunikationszone gestellt, die Platz für circa 3000 Neubürger bietet, in einem Baugebiet mit Einfamilienhäusern, aber auch vielen Geschosswohnungen - was nicht alle Garchinger goutieren. Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) spricht angesichts der Wohnungsnot von einem Spagat der Kommunen.

SZ: Was bedeutet die Kommunikationszone für die Entwicklung Garchings? Wird sich das Bild der Stadt dadurch ändern?

Dietmar Gruchmann: Wir leben im Großraum München in dem Wachstumsraum Deutschlands. Die Prognosen sagen, dass hier in den nächsten 15 Jahren bis zu 400 000 Menschen mehr leben könnten, wenn man alleine das Arbeitsplatzpotenzial als Wachstumsgrundlage nimmt. Da kommt aber bei mir nicht nur Freude auf, wenn ich sehe, dass wir eigentlich schon jetzt fast täglich am Verkehr ersticken. Und dann stellt sich die zweite Frage: Wo sollen die neuen Menschen wohnen? Wir Kommunen müssen also einen echten Spagat vollziehen, zwischen dem fiktiven Bedarf und den Wünschen der Menschen, die hier bereits leben. Wir haben im Moment in Garching rund 18 500 Einwohner und beim Stadtentwicklungsprozess wurde festgelegt, dass wir ein maximales Wohnungsbau-Flächenpotenzial haben, um irgendwann in der Zukunft bis auf circa 25 000 Einwohner zu wachsen. Die 30 Hektar Ackerland, die jetzt überplant werden, bieten hierbei einen Wohnraum für maximal 2800 Menschen. Also das Garching-Puzzle wird sich am Nordrand auf jeden Fall schließen, wenn die Kommunikationszone fertig umgesetzt wurde.

Überfordert das schnelle Wachstum nicht die gewachsene Infrastruktur der Stadt?

Mit der Planungs- und Entwicklungsphase des Projekts Kommunikationszone beschäftigen wir uns jetzt schon seit über 15 Jahren. Alle, die das aktiv begleitet haben, sind höchstens nervlich strapaziert, aber nicht überfordert. Und so wie ich das sehe, werden wir uns noch ebenso viele Jahre damit beschäftigen, bis es abgeschlossen sein wird. Welche Infrastrukturergänzungen dazu konkret notwendig sind, das haben wir im Griff. Was uns im Moment eher etwas aus dem Takt bringt, ist der starke Zuzug von vielen jungen Familien in den alten Wohnungsbestand und die hohen Geburtenraten. Das bringt unsere Kinderbetreuungseinrichtungen und die Schulinfrastruktur an die Leistungsgrenzen. Darauf waren nicht nur wir, darauf war die gesamte Region nicht so richtig vorbereitet. Aber wir tun, was wir können.

Manchen Anwohnern ist die Baudichte in dem neuen Quartier zu hoch geraten.

Auf der einen Seite haben wir von den Ortsansässigen die starke Nachfrage nach einer Neuauflage des altbekannten Einheimischenmodells, auf der anderen Seite sollen wir sparsam sein mit der Flächenversiegelung, also höher bauen. Und wirklich bezahlbaren Wohnraum für Normalverdiener kann man auch nur im Geschosswohnungsbau errichten. Also müssen wir an der einen oder anderen Stelle im Baugebiet Kompromisse eingehen und Geschosswohnungsbau neben Reihenhäuser setzen.

Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) verfolgt die Pläne zur Kommunikationszone bereits seit seiner Zeit als Stadtrat. Ziel ist es, die Lücke zwischen der Stadt und dem Wissenschaftscampus zu schließen. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Wo gab es die größten Schwierigkeiten bei der Entwicklung des Neubaugebiets?

Einen gemeinsamen Nenner zwischen allen beteiligten Grundbesitzern zu finden. Das hat die meiste Zeit gekostet.

Wird es auch studentisches Wohnen in der Kommunikationszone geben?

Wir schaffen dort das Baurecht. Die Eigentümer müssen alle 25 Prozent der Geschossfläche für das Einheimischenmodell (12,5 Prozent), Genossenschaftlichen Wohnungsbau (7,5 Prozent) und Sozialwohnungen (fünf Prozent) zur Verfügung stellen. Was die Eigentümer mit dem verbleibenden Anteil des Baurechtes machen, an wen sie es verkaufen, bleibt ihnen überlassen. Aber nachdem der Freistaat Bayern sowie Garching dort auch Grundstücksanteile besitzen, werden wir dort hoffentlich auch studentisches Wohnen ermöglichen.

In der Kommunikationszone ist auch ein Schwimmbad vorgesehen. Wie ist der letzte Stand der Planungen?

Unterdessen gibt es einen einstimmigen Empfehlungsbeschluss des Stadtrats für ein kleines, familienfreundliches Freizeitbad (25-Meter-Becken) mit zusätzlichem Lehrschwimmbecken und Kinderplanschbereich. Das Grundstück gehört der Stadt, jetzt müssen wir nur noch das Geld dafür auftreiben, und ich bin guter Dinge, dass mir das gelingt.

Einige Bürger haben Sorge, die Kommunikationszone könnte sich als Satellitenstadt entwickeln. Wie sehen Sie das?

Ein deutliches Nein! Es wird ein ganz normaler moderner Wohnbereich wie auch die Wasserturmsiedlung oder das Riemerfeld. Mehr nicht.

Gibt es noch Hürden zu überwinden?

Hürde Nummer eins: Die Grundsatzvereinbarung mit den Eigentümern und deren Juristen muss nun endlich durch die Unterschrift auf den städtebaulichen Verträgen ersetzt werden. Hürde Nummer zwei: Bayernwerk muss sein Umspannwerk abgebaut und die oberirdische Stromleitung erdverkabelt haben. Meine große Hoffnung ist, dass die Bagger für die Spartenarbeiten und Zuwegungen dann 2019 schon mal rollen können. Aber das Wachstum wird dann Schritt für Schritt, Bauabschnitt für Bauabschnitt vollzogen. Die Skeptiker brauchen wahrlich keine Angst zu haben: Bis in der Kommunikationszone weitere 2800 Menschen leben, werden schon noch ein paar Jahre ins Land gehen.

© SZ vom 08.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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