Vorausgeschaut:Gefahr bekannt, Gefahr verkannt

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Am "Fidschi", dem Heimstettener See, startet das Landratsamt an diesem Montag seine Aufklärungskampagne zum Thema Hautkrebs. (Foto: Florian Peljak)

Weil viele Menschen die Risiken von Sonnenbaden und Sonnenbrand nicht ernst nehmen, startet das Landratsamt eine Aktionswoche an den Badeseen. Allerdings haben auch Schutzcremes Folgen - für Wasser und Pflanzen

Von Andreas Sommer, Kirchheim

Sommer, Sonne und Ferien - da geht es natürlich für viele direkt raus an die Badeseen im Landkreis. Dabei schnell vergessen: der richtige Sonnenschutz. Erinnern soll daran auch dieses Jahr die Initiative "Sonne(n) mit Verstand statt Sonnenbrand", die das Landratsamt zusammen mit dem bayerischen Gesundheitsministerium an diesem Montag am Heimstettener See in Feldkirchen startet. Grundsätzlich sei das Bewusstsein über die Gefahren durch Sonnenstrahlung in der Bevölkerung vorhanden, heißt es aus dem Landratsamt. Dennoch unterschätzten viele die Gefahren und vergäßen an einem Tag am See, sich einzucremen oder den Hut aufzusetzen.

Mit einem Infostand werden Mitarbeiter der Kreisbehörde darum diese und kommende Woche verschiedene Badeseen besuchen, um die Badegäste für das Thema zu sensibilisieren und immer wieder daran erinnern, wie wichtig der Schutz der Haut ist. Denn ein Sonnenbrand kann weit schlimmer sein als eine unangenehme Rötung, die nach drei, vier Tagen wieder verschwindet. "Bei jedem Sonnenbrand kommt es zu Schäden an unzähligen Hautzellen", erklärt Sven Hawerkamp, Hautarzt in Unterhaching. Meist könnten sich die Zellen zwar selbst wieder reparieren; gelinge dies jedoch nicht, könne es im schlimmsten Fall zu Hautkrebs führen. Wer sich häufiger Sonnenbrände einfängt, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Wiederherstellung der Hautzellen misslingt.

Besonders gefährdet: Kinderhaut. Sie ist noch empfindlicher und nicht in dem Maße wie die Haut von Erwachsenen an Umwelteinflüsse gewohnt. Und frühkindliche Sonnenbrände steigern erwiesenermaßen das Hautkrebsrisiko. Deshalb gilt für Hawerkamp: Kleinkinder nie direkter Sonnenbestrahlung aussetzen!

In der Mittagszeit ist die UV-Strahlung besonders hoch. Das Gesundheitsministerium rät, in den Mittagsstunden die Sonne am besten ganz zu meiden. Wem dies nicht möglich sei, der solle auf bedeckende Kleidung oder zumindest Sonnencreme nicht verzichten. Der Lichtschutzfaktor bezeichnet übrigens, um wie viele Male der natürliche Schutz der Haut verstärkt wird. An einem wolkenlosen Tag reicht einmaliges Auftragen von Sonnencreme häufig nicht aus, denn diese wird abgerieben, von Wasser weggespült oder ausgeschwitzt.

Um den Lichtschutz zu erhalten, sollte man also nach einigen Stunden neue Creme auftragen. Relevant ist auch die Empfindlichkeit verschiedener Hauttypen und die Bräune, mit der sich die Haut gegen UV-Strahlen schützt. Dermatologe Hawerkamp warnt allerdings vor Bräune aus dem Solarium: Diese schütze nicht vor Sonnenbrand, da der hauptsächlich durch kurzwellige UVB-Strahlung entstehe. Im Solarium werde aber vor allem mit der langwelligeren UVA-Strahlung gearbeitet. Die Haut habe sich also an die kurzen Wellen noch nicht gewöhnt.

Die Initiative des Landratsamts findet heuer bereits zum siebten Mal statt. Um am sommerlichen Badesee auf Aufmerksamkeit zu stoßen, verteilen die Mitarbeiter nicht nur Flugblätter, sondern bieten Spiele und ein Quiz an, bei dem es kleine Preise zu gewinnen gibt. Gerade beim Thema Hautkrebs sei Aufklärungsarbeit sehr wichtig, heißt es aus dem Landratsamt. Denn je eher man ein Karzinom erkenne, desto besser stünden die Chancen, dass der Krebs geheilt werden könne.

Doch wie wirkt es sich auf das Badegewässer aus, wenn täglich Hunderte Schwimmer ihre Sonnencremes in das Wasser tragen? Es gibt Gebiete, in denen bestimmte chemische Zutaten bereits verboten wurden. "Die Forschung dazu steckt noch in den Kinderschuhen", sagt Peter Schröder vom Helmholtz-Zentrum München. Fest stehe, dass einige Eigenschaften, die für eine Sonnencreme unbedingt notwendig seien, für die Umwelt problematisch werden könnten. Dazu gehöre vor allem, dass Sonnenschutzmittel natürlich nicht von Sonnenlicht zersetzt werden können. Diese Aufgabe müssten also Bakterien und andere Kleinstlebewesen übernehmen. Oder Pflanzen wie beispielsweise Schilf, die ebenfalls Enzyme enthalten, welche Stoffe aus dem Wasser filtern und häufig auch zersetzen können.

Außerdem müsse Sonnenmilch für eine gute Haftung in die Haut eindringen können. Gelange sie ins Wasser, ziehe sie jedoch auch in Pflanzen und Tiere ein und reichere sich dort an. Sabine Schultes, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Aquatischen Ökologie an der Ludwig-Maximilians-Universität, kann sich bei einer großen Belastung durch Sonnenschutzmitteln eine Veränderung in der Zusammensetzung verschiedener Algenarten vorstellen, da manche empfindlicher auf diesen "Substanzen-Cocktail" reagieren und absterben. Andere dagegen wachsen ungehindert weiter, wie Laborversuche zeigten.

Die Aktion des Landratsamts "Sonne(n) mit Verstand statt Sonnenbrand" findet an folgenden Tagen und Orten statt: Montag, 29. Juli, Heimstettener See (Kirchheim); Dienstag, 30. Juli, Garchinger See (Garching); Mittwoch, 31. Juli, Feringasee (Unterföhring); Donnerstag, 1. August, Unterschleißheimer See (Unterschleißheim); Mittwoch, 7. August, Taxetweiher (Ismaning); Donnerstag, 8. August, Unterföhringer See (Unterföhring). Die Aktionen finden nur bei Badewetter statt. Bei Regen fällt der Termin aus. Mehr Infos unter www.sonne-mit-verstand.de.

© SZ vom 29.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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