Vorausgeschaut:Das Ende ist erst der Anfang

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An diesem Montag werden die Ergebnisse des Hohenbrunner Bürgerdialogs vorgestellt. Einige Gemeinderäte sehen den Prozess kritisch - etwa beim Thema Umgehungsstraße, das durch eingebrachte Vorschläge wieder ganz auf den Anfang zurückgesetzt werden könnte

Von Christina Hertel, Hohenbrunn

Vier Monate lang, bei acht verschiedenen Veranstaltungen und einer Ausstellung haben die Hohenbrunner Bürger darüber diskutiert, wie sich ihr Ort weiterentwickeln soll: Wo könnte eine Umgehungsstraße liegen? Wie sollte eine Bebauung westlich des S-Bahnhofs aussehen? Nun geht der Bürgerdialog an diesem Montagabend mit einer letzten Abschlussveranstaltung von 19 Uhr an in der Riemerlinger Grundschule zu Ende. Sicher, ob sie danach eine fundierte Entscheidung treffen können, wie es mit Hohenbrunn weitergehen soll, sind sich einige Gemeinderäte allerdings trotzdem nicht.

Insgesamt 864 Teilnehmer zählte das Büro Hendricks & Schwartz, das den Dialog leitete. Manche sind sicher mehrmals da gewesen, es handelt sich also nicht um etwa 900 unterschiedliche Hohenbrunner - dennoch sind die Kommunikationsberater zufrieden. "Nur online hätten wir uns eine stärkere Beteiligung gewünscht", sagt Daniel Schreyer, Geschäftsführer des Büros. Insgesamt 794 unterschiedliche Leute hätten die Website für den Dialog besucht. In Kirchheim, wo die Agentur ebenfalls eine Bürgerbeteiligung organisierte, seien es doppelt so viele gewesen. "Im Schnitt blieben sie in Hohenbrunn allerdings fünf Minuten auf der Seite - das ist ausgewöhnlich lange." Die Menschen machten laut Schreyer zwischen 200 und 300 Vorschläge, wie es mit Hohenbrunn weitergehen soll. All diese Anregungen fasste das Kommunikationsbüro in den vergangenen Tage zusammen. Bei der Veranstaltung an diesem Montagabend stellt es die Ergebnisse vor und gibt außerdem eine vorläufige Broschüre heraus. Wenn ein Vorschlag fehlt, haben die Bürger danach noch eine Woche, bis Montag, 12. November, Zeit, sich zu melden. Dann wird ihre Idee noch berücksichtigt, wenn drei Tage später am Donnerstag, 15. November, die Berater die abschließenden Ergebnisse im Gemeinderat präsentieren.

Doch dass dieser danach bald konkrete Entscheidungen treffen kann, bezweifeln einige Mitglieder des Gremiums. Wolfgang Schmidhuber von den Grünen befürchtet sogar, dass der Gemeinderat durch den Bürgerdialog in seinen Entscheidungen beim Thema Umgehungsstraße zurückgeworfen wurde. Eigentlich hatte das Gremium in mehreren Klausurtagungen verschiedene Trassen bereits verworfen. Übrig geblieben waren zwei Varianten im Westen und eine im Norden des Dorfes beziehungsweise südlich der Autobahn. Bei den Veranstaltungen sei allerdings, so Schmidhuber, der Eindruck entstanden, als könnten die Bürger das alles wieder auf den Anfang zurücksetzen. Und das haben sie auch getan.

Markus Dorweiler und Manfred Haucke, die beide in der Luitpoldsiedlung leben, und dort einen Arbeitskreis gründeten, brachten eine Umfahrung im Osten am Waldrand entlang wieder ins Spiel. Der Gemeinderat hatte sie ausgeschlossen, um das Naherholungsgebiet dort zu erhalten. Haucke und Dorweiler zeichneten sie dennoch bei einer Veranstaltung in einen Plan ein, präsentierten sie als ihre Lösung für das Hohenbrunner Verkehrsproblem und die Zuhörer schienen angetan. "Die Gefahr ist, dass eine große Unzufriedenheit entsteht", sagt Wolfgang Schmidhuber. Aus seiner Sicht hätte das Büro den Teilnehmern klarer kommunizieren müssen, was das Ziel der Gemeinde ist: Nämlich nicht wieder von vorne über Trassenvarianten zu sprechen, sondern den Bürgern zu vermitteln, warum der Gemeinderat welche Umgehungsstraßen ausgeschlossen hat. Doch das sei nicht passiert. Berater Schreyer sieht das anders: Er habe immer klar gemacht, wie der Standpunkt des Gemeinderats ist. Doch sei es nicht der Sinn eines Dialogs, Meinungen abzuwiegeln.

Doch auch Karlheinz Vogelsang von den Freien Wählern sieht den Dialog kritisch. Seiner Beobachtung nach hätten sich vor allem Anwohner der Luitpoldsiedlung zu Wort gemeldet, die sich von einer Trasse im Osten entlang des Waldes erhoffen, dass der Verkehr nicht vor ihrer eigenen Haustüre vorbeifährt. Das sei zwar verständlich, sagt Vogelsang. Gleichzeitig jedoch halte er es für illusorisch die Luitpoldstraße aus den Überlegungen für eine Umgehungsstraße völlig herauszuhalten. Noch passen durch die Bahnunterführungen zwar keine Lastwagen und Landrat Christoph Göbel (CSU) sicherte zu, sie in naher Zukunft nicht vergrößern zu wollen. "Aber in zehn, 15 Jahren wird die Bahn die Unterführung sanieren", sagt Vogelsang. "Und dann ist das Thema wieder auf dem Tisch."

Eine positivere Bilanz hingegen zieht die CSU. Viele Teilnehmer hätten sich für einen Ausbau des Bahnhofs und eine neue Siedlung westlich der Bahn ausgesprochen - so ähnlich, wie es bereits der Gemeinderat diskutiert hat, meint CSU-Fraktionssprecher Anton Fritzmaier. "Beim Thema Umgehungsstraße war es zu erwarten, dass es kontrovers zugehen würde." Der "Königsweg", wie er es nennt, sei eine gemeinsame Lösung mit Höhenkirchen-Siegertsbrunn in der Nähe, wo heute die Luitpoldstraße verläuft. Schmidhuber von den Grünen und Vogelsang von den Freien Wählern teilen diese Ansicht zwar, doch von den Bürgern vernahm sie keiner der Gemeinderäte. Firtzmair sieht das entspannt: "Ein Dialog ist schließlich nicht dazu da, dass die Bürger bloß das sagen, was wir hören wollen." Wann es allerdings zu Entscheidung kommt, kann auch der Bürgermeister Stefan Straßmair (CSU) nicht sagen. In der Sitzung am 15. November höre sich der Gemeinderat erst einmal die Ergebnisse des Dialogs an. Und danach entscheide er, wie es weitergehen soll.

© SZ vom 05.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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