Verkehrskonzept München Ost:Die Arbeit geht erst los

Lesezeit: 3 min

Putzbrunn, Grasbrunn, Hohenbrunn und Höhenkirchen-Siegertsbrunn haben beschlossen, ihre Verkehrsprobleme gemeinsam zu lösen. Wie das funktionieren soll, können auch die Initiatoren dieser Zusammenarbeit nicht sagen

Von Stefan Galler, Putzbrunn/Hohenbrunn

Das letzte Gremium, das abzustimmen hatte, war jenes in Höhenkirchen-Siegertsbrunn. Und auch dort wurde dem Antrag auf Bildung eines interkommunalen Verkehrsprojektes zugestimmt, sogar einstimmig, wie das schon in Grasbrunn der Fall war. In den beiden anderen beteiligten Kommunen, Putzbrunn und Hohenbrunn, hatte der jeweilige Gemeinderat zumindest mehrheitlich für die Teilnahme an diesem Versuch votiert, Interessen und Pläne für eine Entlastung der Ortskerne vom Autoverkehr im Dialog untereinander zu bündeln.

Eduard Boger, CSU-Gemeinderat aus Putzbrunn, ist einer der Hauptorganisatoren des Konzeptes. Nicht ohne Stolz hat er das Ergebnis der Abstimmungen in den vier Gremien zur Kenntnis genommen: "Dass wir hier vier Mehrheiten bekommen haben, ist schon mal ein Erfolg." Keineswegs wollten er und seine Mitstreiter an demokratisch gewählten Bürgermeistern vorbei etwas aushecken, das betont der Putzbrunner immer wieder. Am Beispiel seiner Heimatgemeinde versucht Boger zu veranschaulichen, wie das Konzept funktionieren könnte: "Die laufenden Planungen sollen nicht berührt werden. Aber derzeit stagniert in unserem Fall die Realisierung der Ortsumfahrung, weil sich zwei Eigentümer weigern, ihre Grundstücke zu verkaufen." Man könnte nun natürlich ein Enteignungsverfahren einleiten, so der CSU-Fraktionsvorsitzende im Gemeinderat: "Aber das dauert dann zehn Jahre und die Aussichten sind auch nicht gerade gut."

Der Durchgangsverkehr ist im östlichen Landkreis ein große Belastung. Jetzt wollen die Gemeinden gemeinsam nach Lösungen suchen. (Foto: Claus Schunk)

Deshalb sei es sinnvoll, parallel andere Ideen zu sammeln und in Koordination mit den Nachbargemeinden zu prüfen, sagt Boger. Noch laufe die Findungsphase, man müsse jetzt eruieren, wer aus welcher Gemeinde in die Arbeitsgruppe entsandt wird: "Das wird sicherlich noch etwas dauern, ich rechne damit, dass die konstituierende Sitzung erst 2017 stattfinden wird." Parallel gehe es darum, juristische Fragen zu klären, die sich im Zusammenhang mit diesem Gremium stellen. Grundlagen derartiger Konstrukte ist das Gesetz über die kommunale Zusammenarbeit (KommZG). "Wir wollen uns da rechtlich auf einwandfreiem Terrain bewegen", sagt Boger.

Denn eines ist schon in den ersten Wochen nach der Veröffentlichung der Idee klar geworden: Es gibt jede Menge Kritiker an diesem gemeindeübergreifenden Arbeitskreis - und das noch ehe er sich überhaupt zum ersten Mal getroffen hat. "Wir werden von einigen Seiten angeschossen", sagt Boger, nennt diese Tatsache aber "wenig überraschend". Die Kritik in Putzbrunn kommt insbesondere von Bürgermeister Edwin Klostermeier, dessen SPD-Fraktion und den Grünen. Der Rathauschef stimmte im Gemeinderat zwar für das interkommunale Projekt, jedoch nach eigener Aussage nur deshalb, weil er der Idee nicht im Wege stehen wolle. Ein leidenschaftlicher Fürsprecher ist er schon deshalb nicht, weil er sich seit Jahren für die "Trasse A" einer Umfahrung von Putzbrunn Ort einsetzt, die vom Grasbrunner Kreisel in südwestlicher Richtung innerhalb des Autobahnrings bis zur Autobahnanschlussstelle Hohenbrunn/Putzbrunn an der A 99 verläuft. Diese wurde mittlerweile zweimal vom Gemeinderat verabschiedet, jeweils nach teils heftiger Diskussion. Die Realisierung hakt jedoch aktuell wegen der erwähnten Grundstücksbesitzer, die nicht verkaufen wollen.

In Höhenkirchen-Siegertsbrunn vermittelte Bürgermeisterin Ursula Mayer zuletzt eher den Eindruck, die Gemeinde müsse vor allem deshalb in der Arbeitsgruppe vertreten sein, damit Planungen verhindert werden könnten, die den Interessen ihrer Gemeinde entgegenstehen. Die SPD-Fraktion kam sogleich mit einem Antrag um die Ecke, in dem sie ein "ganzheitliches Verkehrskonzept" für die Gemeinde fordert. Dieses Konzept müsse parallel zur Arbeit des interkommunalen Projektes laufen, keinesfalls dürfe es erst im Nachgang erstellt werden. Auch die Höhenkirchner Grünen sprühen nicht gerade vor Begeisterung, so will die Dritte Bürgermeisterin Luitgart Dittmann-Chylla nur an der Arbeitsgruppe teilhaben, wenn dort neben Ortsumfahrungen auch Radwege thematisiert werden.

Skepsis herrscht auch in Hohenbrunn. Die dortigen Grünen hinterfragen grundsätzlich den Sinn des Konzepts: Seit Ende der Neunzigerjahre diskutiere man über eine Umgehung und die Entlastung der Dorfmitte, sagt Martina Kreder-Strugalla: "Gäbe es wirklich eine gute Lösung für Hohenbrunn, hätte die der Gemeinderat längst beschlossen und umgesetzt." Die Hohenbrunner Grünen-Gemeinderätin vermisst zudem eine übergeordnete Planungsinstanz und fragt sich, warum man nun eigentlich die eigene, lokale Verkehrsplanung nicht ad acta lege: "Welche Planung nehmen wir dann ernst? Von den doppelten Planungskosten einmal ganz abgesehen." Innerhalb der gemeinsamen Gemeinderatsfraktion von ÜWG und Bürgerforum in Hohenbrunn kam es zum Streit über das interkommunale Projekt. Während Gemeinderäte der ÜWG die Idee gemeinsam mit CSU-Räten unterstützten, ist man beim Bürgerforum skeptisch: "Es ist aus unserer Sicht einfach ärgerlich, dass die jahrelange Vorarbeit bezüglich Verkehrslösungen umsonst gewesen ist, wenn jetzt eigentlich alles auf Anfang gesetzt wird", sagt Gemeinderätin Pauline Miller und fordert konkrete Aussagen der Initiatoren des interkommunalen Projekts. "Da müssen Ziele formuliert und klare Kostenaufteilungen erstellt werden."

So weit sind Eduard Boger und seine Mitstreiter noch nicht. Aber der Bundeswahlkreisgeschäftsführer der CSU, der neuerdings dem Bezirksvorstand der Kommunalpolitischen Vereinigung Oberbayern angehört, hat schon eine erste vage Idee, die unter anderem die Gemeinde Grasbrunn betrifft: "Durch den Verkehrsstrom aus dem Südosten in Richtung München ist in Neukeferloh, wo der Grasbrunner Weg in der Nähe der A 99 an der Kfz-Zulassungsstelle südlich von Baldham auf die B 304 trifft, die Kreuzung stark belastet. Hier könnte man über eine zusätzliche Ableitung auf eine andere Ausfahrt, etwa Putzbrunn/Hohenbrunn, nachdenken", sagt Boger. Und spinnt den Faden weiter: "Zukünftig möglich wäre auch eine weitere Verbindung zur Autobahn, die außerhalb des Autobahnrings A 99 um die Ortskerne Putzbrunn und Hohenbrunn herumführt und bis zur A 8 auf Höhe Taufkirchen geht. Dann wäre auch der Anschluss Richtung München gewährleistet."

© SZ vom 01.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: