Verkehrsentwicklung:Lange Brückentage im Münchner Norden

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Föhringer Ring, Isarring und Prinzregentenstraße: In den kommenden zehn Jahren werden alle drei wichtigen Tangentialstraßen saniert, um- oder ausgebaut. Auf Autofahrer in der Stadt und im Landkreis kommen schwierige Zeiten zu.

Von Ulrike Steinbacher, München/Unterföhring

Sie funktionieren wie ein Satz kommunizierender Röhren: Bildet sich auf einer der Tangentialstrecken im Norden Münchens ein Stau, so sind nach kurzer Zeit auch die anderen verstopft. Denn so viele Straßenverbindungen über die Isar gibt es nicht in der Nordhälfte der Stadt, da ist der Englische Garten im Weg. Nur fünf sind es insgesamt zwischen der Prinzregentenstraße und dem Autobahnring A 99 nördlich der Allianz-Arena, und von denen wäre die Strecke über die Max-Joseph-Brücke zwischen Herzogpark und Tivoli noch als eher untergeordnet einzustufen.

Bleiben also drei leistungsfähige Ost-West-Verbindungen auf Münchner Stadtgebiet und im Landkreis: die Prinzregentenstraße, die von Bogenhausen zum Altstadtringtunnel führt, der Mittlere Ring, wo ein Tunnel unter dem Englischen Garten gegraben werden soll, und der Föhringer Ring, der in den kommenden Jahren ausgebaut wird.

Wie stauanfällig diese Strecken im Zweifelsfall sind, zeigte sich wieder einmal in den Osterferien: Zwölf Tage lang war der Altstadtringtunnel nahezu komplett gesperrt, denn dort liefen die Voruntersuchungen für eine geplante Sanierung. Am ersten Tag der Sperrung legte der Stau noch die Maxvorstadt lahm, danach wichen viele Autofahrer nach Norden aus - und standen dicht an dicht auf dem Isarring, wo die Belastung so hoch war wie an Werktagen außerhalb der Ferien.

Die Situation wird sich weiter verschlimmern, weil in den kommenden zehn Jahren alle drei Tangentialstraßen saniert, um- oder ausgebaut werden. Vor diesem Hintergrund sind die Fragen eines Bogenhausers zu sehen, der bei der Bürgerversammlung vergangenes Jahr hatte wissen wollen, wie sich die Bauvorhaben zeitlich überschneiden. Aus der Antwort des Planungsreferats geht hervor, dass man sich dort der Probleme durchaus bewusst ist, eine Lösung angesichts steigender Einwohnerzahlen und zunehmender Verkehrsdichte aber nicht aus dem Ärmel schütteln kann. Deswegen verweist die Behörde auf öffentliche Verkehrsmittel: "Zu einer wesentlichen Entlastung" der staugefährdeten Straßen, so ist in dem Brief der Stadtverwaltung zu lesen, könne ein Ausbau "des Bahn-Nordrings, der Tram Nord sowie der Tramnordtangente durch den Englischen Garten" beitragen.

Am Isarring liegt ein Baubeginn noch in weiter Ferne

Auf knapp vier Seiten erläutert das Planungsreferat außerdem Details der Straßenbaumaßnahmen. Zeitliche Überschneidungen gibt es demnach bei der Sanierung des Altstadtringtunnels, die diesen Juli beginnt und bis Mitte 2023 dauern soll, und dem vierspurigen Ausbau des Föhringer Rings zwischen Unterföhring und Freimann. Die Vorarbeiten starten im Herbst, gebaut wird mindestens bis Ende 2025.

Im Tunnel am Altstadtring werden für knapp 85 Millionen Euro Beleuchtung, Belüftung, Brandmeldeanlage und Notrufeinrichtungen ausgetauscht, vor allem aber ziehen die Arbeiter eine Mittelwand hoch. Zusätzlich entsteht eine neue Auffahrt am Knoten mit der Gabelsberger Straße, die den Odeonsplatz entlasten soll.

Am Isarring liegt ein Baubeginn noch in weiter Ferne. Gerade tüftelt das Baureferat an der Planung für eine knapp 400 Meter lange Röhre, die die Straßenschneise durch den Englischen Garten beseitigt, zugleich aber auch Platz bietet für die Ein- und Ausfädelspuren von Dietlinden- und Ifflandstraße. Gerade Richtung Bogenhausen erhofft sich das Planungsreferat davon eine deutliche Entlastung. Die Behörde zitiert eine Verkehrsuntersuchung, nach der der Durchschnittsstau auf der Dietlindenstraße im abendlichen Berufsverkehr im Jahr 2030 ohne den Tunnel auf einen Kilometer anwächst, also bis westlich der Leopoldstraße zurückreicht. Mit dem Tunnel verkürze er sich auf 300 Meter, pro Stunde könnten 300 Fahrzeuge mehr den Isarring passieren. Allerdings komme damit dann der Effnerplatz östlich der Isar an seine Kapazitätsgrenze.

Der Ausbau des Föhringer Rings wird mit 52 Millionen Euro deutlich weniger kosten als der Englische-Garten-Tunnel mit geschätzten 125 Millionen Euro, weniger kompliziert wird er aber nicht. Kernstück ist der Neubau der maroden Herzog-Heinrich-Brücke über Isar und Isarkanal. Aus Sicherheitsgründen darf seit 2008 auf der Stahlkonstruktion aus dem Jahr 1962 nur noch Tempo 50 gefahren werden. Die alte zweispurige Brücke ist das eigentliche Nadelöhr dieser Tangentialverbindung.

Zwei Brücken werden über die Isar geschlagen

Wer künftig von der Münchner Straße in Unterföhring Richtung Nürnberger Autobahn A 9 auf den Föhringer Ring fahren will, muss sich nicht mehr den Hals verrenken und im Schritttempo auf die Vorfahrtsstraße kriechen. Eine 250 Meter lange Auffahrt soll das Einfädeln erleichtern, eine ebenso lange Ausfahrt in der Gegenrichtung den Verkehr ebenfalls beschleunigen. Um diese zusätzlichen Fahrbahnen aufzunehmen, bekommt die neue Herzog-Heinrich-Brücke insgesamt sogar sechs Spuren.

Genau genommen sind es zwei Brücken, die da über die Isar geschlagen werden: Südlich der alten Stahlkonstruktion wird jetzt zunächst eine von ihnen neu gebaut. Sie nimmt dann den gesamten Verkehr auf, die alte Brücke wird abgerissen und durch die zweite neue ersetzt. Insgesamt sechsspurig ausgebaut wird auch der Straßenabschnitt nach Osten zwischen der Ausfahrt zur Münchner Straße und dem Abzweig der Kreisstraße M 3 nahe der Basispyramide. Auch dort kommen auf beiden Seiten durchgehende Ein- und Ausfahrspuren hinzu. Die Strecke nach Westen zur A 9 wird vierspurig.

Die Vorarbeiten für die Baustelle beginnen diesen Herbst, wenn Bäume und Sträucher entfernt und Zufahrten angelegt werden. Mit dem Papierkram aber hat Stefan Rinderer vom Staatlichen Bauamt Freising, der als Abteilungsleiter für Bundes-, Staats- und Kreisstraßen im Landkreis München zuständig ist, schon jetzt jede Menge Arbeit. Weil der Planfeststellungsbeschluss für den Ausbau des Föhringer Rings inzwischen 14 Jahre alt ist und sich seitdem an den Vorgaben zum Naturschutz viel geändert hat, muss das Konzept auf den neuesten Stand gebracht werden. Gerade würden Tier- und Pflanzenarten nachkartiert, berichtet Rinderer. Dann müsse überlegt werden, wie die Ausgleichsmaßnahmen aussehen sollen. "Es ist wirklich schwierig zu sagen, ob das alles glatt läuft." Daher will der Fachmann sich auch nicht darauf festlegen, dass die Bauarbeiten Ende 2025 tatsächlich beendet sind.

Bis dahin müssen die Autofahrer jedenfalls mit Einschränkungen rechnen - zusätzlich zum gewohnten Stau. Denn die neue Isarbrücke südlich der alten wird erst einmal über enge Kurven angebunden werden müssen. Hinzu kommt, dass Ersatz für die vier kleinen Brücken über den Eiskanal, den Schwabinger Bach, den Garchinger Mühlbach und die Sondermeierstraße notwendig ist. Eventuell, sagt Stefan Rinderer, wird es "Behelfsumfahrungen" geben, vielleicht zusätzlich eine Behelfsbrücke über die Isar. Bis Ende des Jahres soll das Baustellenkonzept fertig sein.

© SZ vom 09.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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