Veranstaltung:Von Hosenträgerklavier bis Oud

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Einen Abend im Zeichen der Musette und spannender Klangkombinationen versprechen der Akkordeonist Félicien Brut (Mitte), der Kontrabassist Édouard Macarez (Zweiter von links) und das Quatuor Hérmes. (Foto: Bernhard Martinez)

Die Grünwalder Reihe "Klassik Plus" verspricht überraschende Klangwelten und virtuoses Crossover

Von Udo Watter, Grünwald

Ob sich das bayerische Wesen am besten im zarten Klang der Zither, im Defilier-Sound der Trompete oder im bauchigen Ton der Tuba widerspiegelt, ist Ansichtssache. Bei anderen Stämmen oder Nationen ist die Verknüpfung mit charakteristischen folkloristischen Instrumenten mitunter eindeutiger: Schotten und Dudelsack, Spanier und Gitarre, Ungarn und Zigeunergeige, Argentinier und Bandoneon. Um eine typisch französische Atmosphäre heraufzubeschwören, dürfte sich am besten das Akkordeon eignen. Früher abschätzig auch "Hosenträgerklavier" ("Piano à bretelles") genannt, gilt es als das Instrument, in dem sich Melancholie, Savoir-vivre und die pittoreske Eleganz der Pariser Quartiers entfalten.

Die Grünwalder Konzertreihe "Klassik Plus" startet heuer mit einer Hommage an das Akkordeon. Im 19. Jahrhundert zum Hauptinstrument eines neuen Genres avanciert, das sich "Valse Musette" nannte, wird es am 21. Februar in den Händen von Félicien Brut die Klangwelten der Unterhaltungsmusik freilich überschreiten. Brut, in Frankreich als innovativer Akkordeonist gefeiert, wird mit dem Bassisten Édouard Macarez und dem renommierten Quatuor Hérmes im August-Everding-Saal ein Programm präsentieren, das von Bach bis zu Thibault Perrine reicht, der ein Stück ("Suite Musette") für Streichquartett und Akkordeon speziell für dieses Projekt geschrieben hat. Kompositionen des mittlerweile 78-jährigen Richard Galliano, der den jazzigen Stil der "Musette Neuve" schuf, sowie von Piazzolla, Bartók und Prokofjew runden den Abend ab. "Ein spannendes Projekt, das gut zu unserer Idee von Klassik Plus passt", erklärt Grünwalds Kulturreferentin Regine Müller. "Gerade die Kombination Akkordeon und Streichquartett ist viel versprechend."

Den zweiten Abend der Abo-Reihe "Klassik Plus", die Müller 2011 zusätzlich zu den "Grünwalder Konzerten" ins Leben gerufen hat, gestaltet mit dem David Orlowsky Trio eine Formation, die zu den erfolgreichsten der Neuen Weltmusik gehört. Der Aufritt von Klarinettist David Orlowsky, Gitarrist Jens-Uwe Popp, und Kontrabassist Florian Dohrmann am 27. Juni unter dem Motto "Milestones" ist wohl eine der letzten Gelegenheiten, das Ensemble live zu erleben - im Herbst 2019 wird es sich nach 20 Jahren auflösen. "Ich wollte sie unbedingt noch mal haben", sagt Müller. Charakteristisch für das dreimal mit dem "Echo Klassik" ausgezeichnete Ensemble sind Eigenkompositionen, die Elemente des Klezmer, des Jazz, der Klassik und mediterrane Melodien kombinieren - heraus kommt ein Sound der zugleich schwerelos, wie melancholisch anmutet, poetisch und frisch.

Nicht zum ersten Mal in Grünwald sind Voces8, das britische Gesangsoktett gastierte 2013 bereits hier und wird nun am 25. September erneut eine Kostprobe seines Könnens geben. Die Erwartungen sind hoch. "Sie sind wahnsinnig gut", schwärmt Müller. Ihr aktuelles Programm heißt "Choral Dances". Inspiriert vom Thema Tanz hat das A-cappella-Ensemble ganz unterschiedliche Chormusik zusammengestellt: Es entführt das Publikum auf eine rhythmisch spannende und harmonisch reiche Reise von der Renaissance bis in die Gegenwart. Vom englischen Komponisten William Byrd (1543 bis 1623) über Bach bis Duke Ellington, Nat King Cole und Justin Bieber. "Sie kombinieren Perfektion mit Witz", urteilt Müller.

Das finale Konzert von Klassik Plus 2019 - die Abos werden jetzt im Januar verlängert; um ein neues zu erwerben, muss man sich inzwischen auf eine Warteliste setzen lassen - gestalten am 7. November der Mandolinist Avi Avital und Omer Avital (Kontrabass und Oud), die nicht verwandt miteinander sind. Die beiden gebürtigen Israelis, die von Yonathan Avishai (Klavier) und Itamar Doari (Percussion) begleitet werden, verschmelzen arabische und jüdische Traditionen, nehmen Klänge und Rhythmen des Mittelmeerraums zum Ausgangspunkt für ein Jazz-inspiriertes, energetisches Programm. Beide Avitals genießen hohes Renommee. Omer ist vor allem als Jazz-Bassist eine Größe der Szene, Avi Avital kommt aus der Klassik und ist der erste Mandolinist, der für einen Grammy Award nominiert war. "Die beiden und ihr Programm verkörpern genau das, was Klassik Plus ausmachen soll", erklärt Müller. Musikalische Grenzüberschreitungen, überraschende Klangwelten, charismatische Protagonisten - so sieht das im Idealfall aus. Den Anfang machen heuer freilich ein Streichquartett und ein Mann mit Hosenträgerklavier.

Die Abo-Reihe "Klassik Plus 2019" beginnt heuer am 21. Februar mit dem Konzert von Félicien Brut und Quatuor Hérmes. Einzelkarten für diese Veranstaltung gibt es im Vorverkauf Anfang Februar bei der Buchhandlung Horn, Schloßstraße 14c.

© SZ vom 10.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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