Unterschleißheim:Schnellladen neben dem Billigladen

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E-Auto-Hersteller Tesla plant Supercharger an der Morsestraße

Von Bernhard Lohr, Unterschleißheim

Wenn jemand einen Tesla fährt, dann ist das auch ein Statement. Der Besitzer eines so exklusiven E-Autos hebt sich ab von der Masse, hat natürlich Geld und weil er es für den Erhalt der Umwelt ausgibt, darf er sich auch als kultiviert betrachten. So jemand, darf man jedenfalls annehmen, stellt sich nicht eine Stunde mit seinem Wagen zum Laden auf einen x-beliebigen Parkplatz. Die Firma Tesla baut ihre speziellen, Supercharger genannten Schnellladesäulen deshalb gerne vor touristischen Hotspots, wie es am Montagabend im Bauausschuss des Unterschleißheimer Stadtrats hieß. Also an einem Ort, an dem der Tesla-Fahrer sich wohlfühlt und auf etwas Schönes, Erhebendes schaut.

An der A 92 ist so etwas natürlich nicht so leicht zu finden. Die Wieskirche ist weit und auch Neuschwanstein. Wohin man auch schaut: Nicht einmal ein tolles Panorama eröffnet sich, keine Berge, kein Chiemsee, nichts. Nun hat sich Tesla mit der Stadt weitgehend darauf geeinigt, acht Ladesäulen vor dem Edeka-Markt an der Morsestraße im Norden der Stadt zu installieren. Dort gibt es außerdem die Discounter Tedi und Kik sowie das mongolisch-chinesischen Restaurant Asien-Palast, dessen Entree mit zwei Elefantenfiguren glänzt. Die Stadträte zeigten sich prinzipiell nicht abgeneigt, forderten aber Bürgermeister Christoph Böck (SPD) auf, noch einmal mit dem Autobauer nachzuverhandeln. Schließlich müssen die Supercharger nicht direkt vor dem Edeka-Markt eingerichtet werden, fand Brigitte Weinzier (CSU), was Unterschleißheimer beim Einkauf nur zwingen würde, weiter weg zu parken. Andere wie Tino Schlagintweit (Grüne) und Thomas Breitenstein (SPD) fanden, dass sich die Stadt bei dem Deal mehr Ladestationen sichern sollte, die auch für Fahrer durchschnittlicher Elektrofahrzeuge nutzbar seien. Bisher sind zwei Boxen dafür vorgesehen.

Die Ladestationen für Tesla, nur 200 Meter von der A 92 entfernt, sind Teil des europaweiten Fernverbindungsnetzes, das das US-Unternehmen aufbaut. Unterschleißheimer werden die Infrastruktur kaum nutzen. Der Stadt sind nur zwei geförderte Tesla-Fahrer am Ort bekannt. In 20 Minuten sollen die Fernreisenden ihren Wagen an der Morsestraße halb aufladen können und in 50 Minuten voll. Was sie in dieser Zeit machen, kann nur gemutmaßt werden. Außer einem Abstecher in den Ein-Euro-Markt oder den Billigladen für Kleidung bietet sich nicht viel an, wenn man vom Lebensmittelmarkt und dem Asia-Restaurant absieht. Im Rathaus schließt man nicht aus, dass Tesla ob der neuen Forderungen der Stadträte sein Projekt noch abbläst.

© SZ vom 18.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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