Unterhaching:Umgedrehte Bewerbung

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Claudia Schulze-Clewing sagt Jugendlichen offen und ehrlich, welche Vor- und Nachteile ein Beruf im Hotel hat, und hat damit Erfolg. (Foto: Angelika Bardehle)

Weil weniger Jugendliche sich fürs Hotelfach interessieren, muss sich dieses um die Auszubildenden bemühen

Claudia Schulze-Clewings Arbeit beginnt dort, wo sich junge, aufstrebende Menschen tummeln: auf Jobmessen, in Schulen. Dort erzählt sie ihren Zuhörern dann von ihrer Branche. Schulze-Clewings Lippen umspielt dabei ein Lächeln, ihre ganze Aufmerksamkeit gilt ihrem Gegenüber. Sie beschönigt nichts. Gewissenhaft berichtet sie von den Schattenseiten des Hotel- und Gaststättengewerbes. Über die Launen der Gäste, die Arbeit am Anschlag und die Arbeitszeiten. Hoteliers arbeiten, wenn andere Urlaub machen, sagt sie. Und: "Ein Vertrauensverhältnis ist sehr wichtig." Schulze-Clewing ist ehrlich mit denen, die sie für ihr Gewerbe begeistern will. Sie möchte ein möglichst realistisches Bild vermitteln. Mit dieser Methode ist sie sehr erfolgreich. Seit zwei Jahren ist sie im Holiday Inn in Unterhaching Personalreferentin.

In dem Hotel, in dem Schulze-Clewing arbeitet, fangen im September 16 junge Menschen eine Ausbildung an, fast doppelt so viele wie im Jahr davor. Zufall ist das nicht, Schulze-Clewing rekrutiert gezielt Schulabgänger, gibt 120 Praktikanten Einblick in die Branche. Dafür hat sie eigens Partnerschaften mit Schulen in der Umgebung ins Leben gerufen, bei denen sie um junge Leute wirbt. "Es sind Zeiten angebrochen, in denen wir uns um die Jugendlichen bewerben müssen", sagt sie, "nicht umgekehrt". Die Lage auf dem Ausbildungsmarkt bestätigt die Aussage: Immer weniger Menschen suchen ihre Zukunft in dem Gewerbe. Die Bundesagentur für Arbeit in München spricht von 27 freien Ausbildungsplätzen, die im Hotelfach im Landkreis noch unbesetzt sind. Dieser Zahl stehen aktuell drei unversorgte Interessenten gegenüber. "Diese Daten vermitteln kein hundertprozentig korrektes Bild", sagt Schulze-Clewing. Viele Betriebe meldeten bei der IHK oder der Bundesagentur für Arbeit nicht, wenn sie erfolgreich Stellen vermitteln. "Wir haben das auch schon vergessen."

Dennoch, gänzlich von der Hand weisen lassen sich die Statistiken nicht. Schulze-Clewing ist Ausbildungsbotschafterin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), zusammen mit 138 anderen Ausbildern. Die kümmern sich vor allem um eines: um Aufklärung. "Die Branche", sagt Schulze-Clewing, "ist sehr abwechslungsreich".

© SZ vom 22.08.2015 / scat - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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