Unterhaching:Schweigen ist Gold

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Politiker, Anwalt und Freund der Amateurfußballer: Engelbert Kupka ruft zur Revolte gegen den mächtigen Deutschen Fußball-Bund auf. (Foto: imago)

Engelbert Kupka hat sich Zurückhaltung auferlegt, was die aktuelle Politik seiner CSU angeht. Beim Thema Fußball allerdings hat der ehemalige Präsident der SpVgg Unterhaching viel zu sagen. Sehr viel

Von Stefan Galler

Grundsätzlich hält er mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg. Engelbert Kupka sagt immer das, was ihm auf dem Herzen liegt. Man denke nur daran, mit welch deutlichen Worten er die CSU-Verluste bei der Landtagswahl 2008 kommentiert hatte. Sogar mit einer Krise des FC Bayern hatte er den Verlust von Stimmenanteilen im zweistelligen Bereich im Landkreis damals verglichen.

Doch das ist lange her, mittlerweile hat er sich in diesem einen Punkt absolute Zurückhaltung auferlegt: Wenn es um die aktuellen Debatten um jene Partei geht, der er zwar immer noch angehört, in der er aber nicht mehr aktiv arbeitet. Dann schweigt der 76 Jahre alte Jurist: "Ich mische mich in die konkrete Politik nicht ein." Zwar sei er in seiner Eigenschaft als Aufsichtsratsvorsitzender der Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft mbH (IABG) in Kontakt mit Ministerpräsident Horst Seehofer und Finanzminister Markus Söder. "Aber diese Dialoge beschränken sich auf wirtschaftliche Fragen." Er werde deshalb auch keinerlei öffentliche Kritik üben. Weder zur Flüchtlingspolitik noch zu anderen aktuellen Themen: "Wenn man ausgestiegen ist, sollte man sich zurückhalten", findet Kupka. Nur zum Landrat Christoph Göbel gibt er eine persönliche Einschätzung ab: "Ein Vollblut-Kommunalpolitiker, der auch fachlich gut ist. Ich bin sehr froh, dass einer wie er an der Spitze des Landkreises München steht."

Der frühere Bürgermeister von Unterhaching (1972 bis 1990) und CSU-Landtagsabgeordnete (1990 bis 2008) ist auch heute, wo er nicht mehr mitmischt im politischen Tagesgeschäft, mächtig aktiv. Er sieht fit aus, man merkt ihm an, dass er regelmäßig Sport macht, "joggen, hin und wieder golfen, im Sommer in die Berge". Aber nicht nur seine Freizeit ist ausgefüllt: "Ich gehe jeden Werktag ins Büro, bin auch noch als Anwalt vor Gericht", sagt er beim Treffen in seinem großzügigen Büro in seiner Kanzlei in der Nähe des Unterhachinger S-Bahnhofs. Die beiden Partnerinnen kümmern sich um Steuer-/Mietrecht, beziehungsweise Verkehrs-/Arbeitsrecht; Kupka ist für öffentliches Recht, Vertrags- und Baurecht zuständig. Weil er bei der Umsetzung der Justiz stets auch darauf aus war, Kompromisse zu finden, hat er zudem 2013, also mit 74 Jahren, einen Kurs als Mediator belegt. "Oft sind Fälle nicht nach dem ABC zu regeln, sondern man muss den Tatbestand so erkennen, dass er lösbar ist."

Dazu hat der Jurist Kupka offenbar eine Begabung. Ebenso, wie er für die Politik ein besonderes Händchen hatte. Anfang der Siebzigerjahre war er als Regierungsrat im Finanzamt München Ost tätig, als einige Unterhachinger Mitbürger ihn förmlich bedrängten, sich in der CSU zu engagieren. Ehe er sich versah, hatte man ihn zum Bürgermeisterkandidaten 1972 erkoren. "Ich konnte mir das erst einmal überhaupt nicht vorstellen", sagt er. Vor allem sein leidenschaftlicher Kampf gegen den Militärflugplatz Neubiberg machte Kupka bei den Bürgern seines Heimatortes beliebt. "Damals habe ich mich auch mit Franz-Josef Strauß angelegt, aber ich konnte einfach nicht akzeptieren, dass wir die Gefahr auf uns nehmen sollten, dass ein Flieger mitten ins dicht besiedelte Wohngebiet stürzen könnte."

Letztendlich blieb Kupka 18 Jahre lang Rathauschef in der Stadtrandgemeinde, die in dieser Zeit rasant wuchs: Denn Kupka modernisierte nicht nur die Infrastruktur am Ort, er gründete auch die Gemeinnützige Wohnbaugesellschaft Unterhaching (GWU) und setzte mit ihr das Konzept der einkommensgestaffelten Mieten um. "Es war mir wichtig, keine Gettos zu schaffen, sondern auch denjenigen, die nicht viel verdienten, attraktiven Wohnraum bieten zu können." Es sei ein Projekt gewesen, das auf Solidarität gründete: "Je nach Lohnsteuerkarte wurden die Mieten berechnet. Aber keiner wusste vom anderen, was er zu bezahlen hatte."

Auch in anderen Bereichen fällte Kupka pragmatische und in die Zukunft gerichtete Entscheidungen: In der Bürgermeister-Prenn-Straße parallel zum Hachinger Bach entstand schon 1976 die erste verkehrsberuhigte Zone Bayerns. Und 50 Millionen Mark nahm er 1979 in die Hand, um den Ortspark neben Rathaus und Wohnstift errichten zu lassen - eine bei den Unterhachingern bis heute beliebte Freizeitanlage. Nur zwei Beispiele für Projekte, die Kupka anschob.

Später im Landtag machte sich der langjährige stellvertretende CSU-Fraktionsvorsitzende dann einige Feinde in den Reihen der Beamten, als er das Arbeitspapier "Der schlanke Staat" vorlegte. Es ging darum, Bürokratie abzubauen, was unter der Regierung von Ministerpräsident Edmund Stoiber dazu führte, dass zehn Prozent des Beamtenapparats eingespart wurden. "Ich habe bei der Umsetzung viel Ärger bekommen, aber ohne Ärger bewegt sich nichts." Auch seine Tätigkeit als Vorsitzender des Untersuchungsausschusses, der zwischen 2004 und 2007 gegen die damalige bayerische Kultusministerin Monika Hohlmeier wegen des Vorwurfs gefälschter Aufnahmeanträge und Stimmenkauf in der Münchner CSU ermittelte, wurde von politischen Gegnern harsch kritisiert. Der Vorwurf: Er hätte die Tochter des früheren Parteichefs und Ministerpräsidenten Strauß bewusst geschützt. Kupka wird auch heute noch emotional, wenn es um die damalige Debatte geht: "Hohlmeier sollte ans Kreuz genagelt werden. Sie mag Mist gemacht haben, aber es gab auch Interessen im CSU-Kreisverband, die mit aller Macht verhindern wollten, dass sich durch neue Mitglieder die Machtstrukturen verändern."

Schnee von gestern, ebenso wie die letzte Phase von Kupkas Präsidentschaft bei der SpVgg Unterhaching, als ein mittlerweile verurteilter Hochstapler mit leeren Versprechungen den Klub 2010 um ein Haar in die Pleite getrieben hätte. "Wenn du so etwas erlebst, dann stehst du natürlich saublöd da", sagt er. "Das ging damals arg an meine Gesundheit." Mit allerlei Kniffen bewahrten Kupka und seine Kollegen im Präsidium den Verein vor der Insolvenz. Zwei Jahre später endete seine Präsidentschaft nach 39 Jahren - bis heute ein Rekord für den Vorsitzenden eines deutschen Profivereins. Unter seiner Leitung war der Klub von der Fußball-Kreisklasse bis in die Bundesliga marschiert, hatte sich deutschlandweit einen Namen gemacht. Und Kupka war stets als Kritiker an den Strukturen im Deutschen Fußball-Bund (DFB) aufgetreten, er prangerte die Ungerechtigkeiten gegenüber kleineren Vereinen an. "Dieser Verband ist ein Staat für sich", sagt Kupka. Sein Thema ist weiterhin die Diskrepanz zwischen Profi- und Amateurfußball: "Es gibt immer noch weniger Geld, aber alle Rufe der Amateurklubs verhallen beim DFB ungehört. Da kümmert sich kein Schwein darum."

Noch immer verfolgt er die Geschicke "seines" Vereins mit großer Aufmerksamkeit. Bei fast jedem Heimspiel der SpVgg weilt Kupka im Stadion: "Ich hätte nie geglaubt, dass es gelingt, eine so schlagkräftige Mannschaft mit so vielen jungen Leuten aufzubauen. Jetzt wünsche ich den Verantwortlichen, dass sie endlich wieder einen Hauptsponsor finden."

© SZ vom 19.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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