Unterhaching:Fehlender Sachbearbeiter

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TTIP in Unterhaching? Auch der dortige Gemeinderat befasst sich mit dem Freihandelsabkommen. Nur mit wem soll er groß darüber sprechen?

Von Iris Hilberth, Unterhaching

Wer glaubt, in Sitzungssälen von Rathäusern begibt man sich ausschließlich in die Niederungen der Kommunalpolitik, hat höchstens mit lokalen Problemen wie der Straßenausbaubeitragssatzung, der Erhöhung von Kindergartengebühren und Stellplatzverordnungen zu tun, sieht sich mitunter getäuscht. Denn manchmal spielt die ganz große Politik auch in der kleinen Gemeinde. So kann es vorkommen, dass der Bürgermeister und seine Verwaltungsleute erst einmal überrascht bis leicht irritiert sind. Und dann wissen sie manchmal nicht so genau, wie sie jetzt damit umgehen sollen. Selbst wenn sie dem Thema durchaus aufgeschlossen gegenüber stehen.

Die Sache mit TTIP, Tisa und Ceta ist eine solche Sache, eine eigentlich große Sache, die plötzlich aber auch auf dem kleinen Schreibtisch einer weltweit gesehen unbedeutenden Verwaltung landen kann. Denn sie geht freilich alle was an. Verhandelt werden die Handelsabkommen mit den seltsamen Abkürzungen bekanntlich aber zwischen der Europäischen Union, den USA und Kanada. Und leider nicht wirklich im Unterhachinger Gemeinderat. Dabei hätten die Protagonisten im Rathaus der 23 000-Einwohner-Gemeinde durchaus etwas dazu zu sagen. Vor allem die Auswirkungen auf die Qualitätsstandards, die kommunale Selbstverwaltung und die kommunale Daseinsvorsorge bereiten insbesondere den Grünen große Sorgen. Schließlich ist Unterhaching mindestens im Bereich der Wasserversorgung, der Abwasser- und Abfallentsorgung sowie der Energieversorgung betroffen. Die Grünen finden daher, der Gemeinderat sollte Farbe bekennen und die Forderungen der kommunalen Spitzenverbände für die weiteren Verhandlungen der EU unterstützen. Vor allem, so beantragte die Fraktion in der jüngsten Sitzung des Gremiums, soll die Gemeinde Unterhaching sich dafür aussprechen, dass der Bereich der kommunalen Daseinsvorsorge aus internationalen Handelsabkommen herausgenommen werde. Auch möge der Gemeinderat eine bessere Transparenz der Verhandlungen unter Einbeziehung der gewählten EU-Parlamentarier und nationalen Regierungen fordern. "Sollten die Forderungen der kommunalen Spitzenverbände nicht berücksichtigt werden, fordert der Gemeinderat Unterhaching die Bundesregierung auf, den Abkommen nicht zuzustimmen", heißt es in dem Antrag.

Eine klare Aussage also, zu der auch Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD) zustimmend nickte. Und doch saß er ein wenig ratlos auf seinem Chefsessel. Was tun mit einem solch bedeutungsvollen Antrag, für den es im Rathaus zu Unterhaching keinen Adressaten gibt? Der große Sitzungssaal ist zwar stets international beflaggt, doch ist dieser globale Eindruck eigentlich nur den fünf Partnerstädten geschuldet. "Für Europapolitik haben wir leider keinen zuständigen Sachbearbeiter", scherzte also der Bürgermeister, schob aber sofort hinterher, dass das Thema an sich ja schon wichtig sei. Aber auch unabhängig davon, wer den Antrag in seinem Haus nun bearbeiten könnte: Sollte der Gemeinderat zustimmen, stellt sich noch die Frage: Wo soll Unterhaching seine Forderung eigentlich hinschicken? An die Bundeskanzlerin, nach Brüssel, an die kommunalen Spitzenverbände? Das ist mal eine echte Herausforderung für eine Verwaltung.

© SZ vom 18.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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