Unterhaching:"Die Traurigkeit wahrnehmen"

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Petra Band leitet die integrative Kinderkrippe Tranquilla Trampeltreu in Unterhaching. (Foto: privat)

Die Unterhachinger Krippenleiterin Petra Band erklärt, wie man weinende Kinder tröstet

Von Daniela Bode, Unterhaching

Auch Erwachsene könnten manchmal heulen, reißen sich aber meist zusammen. Kinder lassen ihren Gefühlen da noch freien Lauf. Die integrative Kinderkrippe Tranquilla Trampeltreu veranstaltet an diesem Donnerstag von 19 Uhr an am Grünwalder Weg 10 in Unterhaching einen Informationsabend zum Thema "Ist ja nix passiert - vom Umgang mit dem weinenden Kind" (Eintritt für Externe: acht Euro). Die Erzieherinnen der Kinderkrippe stellen im Alltag immer öfter fest, dass kaum noch Platz ist für die Tränen der Kinder. Die SZ sprach mit der Einrichtungsleiterin Petra Band über diese Entwicklung.

SZ: Sie stellen sich die Frage, ob Kinder heute noch traurig sein dürfen, weil sie oft mit einem "Ist doch gar nicht schlimm" vertröstet werden. Ist es nicht genau andersherum? Werden Kinder heute von ihren Eltern nicht viel mehr betütelt als früher, wenn sie weinen?

Petra Band: Ich glaube, es gibt beides. Es gibt die eine Seite, dass Kinder, sehr im Mittelpunkt stehen. Thema: Helikopter-Eltern. Die andere Seite ist, dass ein Kind hinfällt und die Eltern es abtun, indem sie sagen: "Ist doch nicht so schlimm. Da kleben wir ein Pflaster drauf." Es geht uns um die kleinen Themen, ob Kinder da überhaupt noch ihre Traurigkeit zeigen dürfen.

Sie finden also, Kinder sollen weinen dürfen. Jeder, der Kinder hat, weiß aber, dass die Kleinen ihre Tränen auch gezielt einsetzen, wenn sie etwas erreichen wollen.

Nein, jedenfalls im Alter der Kinder hier in der Krippe, also bis zu drei Jahren, setzen die Kleinen ihr Weinen nicht gezielt ein. Beispielsweise wenn sie ein Spielzeug haben wollen und es gerade nicht haben können, weinen sie, weil sie traurig sind. Das ist kein gezieltes Weinen. Wir Erwachsene unterstellen ihnen das gerne. Vor allem die Kinder im Krippenalter können sich ja sprachlich noch nicht so genau äußern. Also weinen sie, wenn sie traurig sind.

Wie sollte man also idealerweise auf die Tränen eines Kindes reagieren?

Man sollte das in Worte fassen, was passiert ist. Man sollte zeigen, dass man verstanden hat, wie es dem Kind geht. Oft haben wir Erwachsene aber Angst, das Kind zu sehr zu verwöhnen und zu verweichlichen oder haben Angst vor dem ganz großen Drama.

Gibt es Unterschiede? Was macht man beispielsweise, wenn das Kind aus Wut und Enttäuschung weint, weil es beim Fußballspiel kein Tor geschossen hat?

Man sollte das Kind innerlich und äußerlich in den Arm nehmen und ihm sein Mitgefühl zeigen. Man könnte sagen: "Ich verstehe, dass du traurig bist, weil du kein Tor geschossen hast."

Sollte man sich mehr Zeit nehmen, wenn dem Kind die Tränen fließen, weil es sich wehgetan hat?

Es braucht die Zeit, die das Kind braucht. Das geht natürlich nicht immer, wenn man als Mutter zum Beispiel im Stress ist.

Woran liegt das, dass die Tränen der Kinder zum Teil abgetan werden?

Das ist ein Teil unserer Zeit, über Dinge wie Trauer und Schmerz hinwegzugehen. Man will nicht über Schwäche sprechen.

Hat das negative Auswirkungen?

Ich glaube, wenn Kinder immer solche Reaktionen erfahren, dass sie sich dann irgendwann Ersatzhandlungen suchen. Wenn Trauer immer weggeschoben wird, suchen sie sich irgendwann ein anderes Ventil wie Lebensmittel, Zigaretten oder andere Drogen.

Was raten Sie Eltern also in Kurzversion?

Die Traurigkeit wahrnehmen, sie in Worte fassen und empathisch dabei sein.

© SZ vom 02.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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