Unterhaching:Der Pfarrer im See

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Krüglredner Alfons Hofstetter plaudert beim Starkbieranstich in Unterhaching aus dem Nähkästchen und liest so manchem Lokalpolitiker die Leviten. Er endet mit einem Appell, den Verstand zu nutzen und den guten Willen

Von Iris Hilberth, Unterhaching

Will man in Unterhaching wissen, was wirklich Aufschlussreiches in den vergangenen zwölf Monaten in der Gemeinde geschehen ist, dann empfiehlt es sich, beim alljährlichen Starkbieranstich des CSU-Ortsverbands in der Hachinger Halle mal eine Stunde lang genau hinzuhören, was der Krüglredner seinen "lieben Starkbierfreunden" zu sagen hat. So ist der Saal stets gut gefüllt mit Kommunalpolitikern aller Couleur, auch wenn dies eine seit 40 Jahren von den Schwarzen organisierte Veranstaltung ist. Denn der Mann am Rednerpult, Alfons Hofstetter, ist bekannt dafür, dass er nahezu allen Politikern wortgewandt mit zugleich hintergründiger Ironie die Leviten liest.

Vor allem wird der parteilose Unterhachinger Zweite Bürgermeister, der einst selbst der CSU angehörte, immer wieder für seine wirklich detailreichen Kenntnisse der Unterhachinger Geschehnisse bewundert, die nicht allein seinem Stellvertreterposten geschuldet sind. "Woher er das wieder wusste?", wunderte sich der Bürgermeister, Wolfgang Panzer (SPD) auch diesmal wieder über manche Anekdote. Klar wurde beim jüngsten Starkbieranstich, bei dem die Unterhachinger CSU zugleich ihr 70-jähriges Bestehen feierte: Seehofer und Merkel derblecken kann schließlich jeder, auch Alfons Hofstetter. Aber bereits ein Jahr vorhersagen, dass aus dem "Richie noch was wird", kann offenbar nur der Krüglredner von Unterhaching. Denn tatsächlich ist CSU-Gemeinderat Richard Raiser kürzlich überraschend zum Fraktionschef aufgestiegen.

Stefan Zöllinger, Florian Hahn und Engelbert Kupka. (Foto: Claus Schunk)

Hofstetter befand diesmal, Raiser sei vor allem der Richtige für "Alarmierungen", und berichtete folgendes: "So hat er die Fraktionsvorsitzende der SPD, Frau Dr. Penka, angerufen und gesagt, sie soll den Herrn Panzer verständigen, dass der See im Ortspark umgefallen ist und dass es saumäßig stinkt." Die Frau Penka hätte Raisers "Alemannenbayerisch" aber nicht genau verstanden und dem Bürgermeister Folgendes telefonisch durchgegeben: "Der Ortspfarrer ist in den See gefallen und es würde bereits unangenehm riechen." Darauf habe Panzer den First Responder alarmiert. Die Sache hatte sich tatsächlich zugetragen, wie der Bürgermeister nach der Rede bestätigte, ebenso wie dessen Fauxpas nach dem eher unrühmlichen Anzapfen beim Bürgerfest (siebzehneinhalb Schläge), als Panzer seinen Vorgänger Erwin Knapek versehentlich als seinen Nachfolger willkommen hieß. "Im ersten Moment sind viele ganz blass geworden, weil sie geglaubt haben, der Wolferl will nimma weiter bürgermeistern und der Dr. Knapek kann wieder kommen und nochmals ein großes Bohrloch machen, in dem unser Kämmerer mit seinen Millionen verschwinden könnte", schaffte Hofstetter gekonnt den Übergang zu den Geothermie-Schulden, deren Hälfte man ja zwischenzeitlich nach Grünwald "exportiert" habe.

Und so setzte Hofstetter mit seinem gewohnt trockenen Humor den verbalen Ritt durch die Unterhachinger Gemeindepolitik fort, bis er kurz vor Schluss meinte: "I glaub, mia ham alle. Sollte ich einen vergessen haben, kann er nur froh sein." Allerdings entließ er seine Starkbiergemeinde nicht ohne den guten Rat zu mehr Gelassenheit: "Braucht's euern Verstand und euern guten Willen!" Die Intelligenz mache den Menschen erst zum Menschen, "aber Mensch sein kann man nur mit dem Herzen."

Alfons Hofstetter beim Starkbieranstich der CSU, die zugleich ihr 70-jähriges Bestehen feierte. (Foto: Schunk)

"Eine erwartungsgemäß sehr gute Rede, sie hatte die richtige Mischung", lobte anschließende Bürgermeister Panzer. Auch CSU-Ortsvorsitzender Stefan Zöllinger war begeistert: "Sehr ausgewogen und mit besonderen Details und lustigen Geschichten aus dem Gemeinderat." Besonders beeindruckt habe ihn auch der Appell am Ende des Vortrags, "der sollte den Politikern und allen, die Verantwortung tragen, eine Anregung für ihr Engagement in der Gemeinde sein".

© SZ vom 14.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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