Unterhaching:Alles dreht sich

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Die fleißigen Schöpfer und ihr Werk: Roland Schubert, Ars-Technica-Initiator Torsten Kresse und Georg Lepp (von links) vor dem Turm "Panta Sferei". (Foto: Angelika Bardehle)

Torsten Kresse und seine Mitstreiter haben aus einem alten Sägewerk-Getriebe und Nähmaschinen einen 6,30 Meter hohen Turm gebaut. Die Skulptur ist Wahrzeichen der Ars Technica in Unterhaching

Von Udo Watter, Unterhaching

Torsten Kresse liebt die Maschinen, Accessoires und mechanischen Wunderwerke aus der Pionierzeit der Ingenieurskunst. Er sagt von sich, er sei technikverrückt und fügt mit verschmitzt-selbstironischer Note hinzu: "Ja, in dieser Hinsicht bin ich sogar ein Spinner." Der Ingenieur und Spezialist für Antennenbau, der früher für EADS Projekte geleitet hat, kauft gern alte Technik über E-Bay, doch dieser Spleen gefährdet mitunter fast den Familienfrieden. Als er vor einiger Zeit das 120 Jahre alte Getriebe eines Baumsägewerks ersteigerte, war seine Frau nicht gerade amused ob dieser tendenziell eher sinnfreien Anschaffung. Die Lösung? "Ich musste schnell was erfinden", sagt der 70-Jährige und schmunzelt.

Herausgekommen ist dabei das neue Wahrzeichen der "Ars Technica": ein gusseiserner, 6,30 Meter hoher Turm mit dem Namen "Panta sferei". Die "Ars Technica" ist ein von Kresse im Jahr 2000 initiiertes Festival, das die Verbindung von Kunst und Technik feiert und heuer bereits zum sechsten Mal in Unterhaching statt findet. Schon vor zwei Jahren, bei der fünften Auflage, war ein turmartiges Projekt das Symbol der Ausstellung: Schüler des Unterhachinger Lise-Meitner-Gymnasiums bauten das "Warka Water" - eine acht Meter hohe, aus Korb geflochtene Hülle in Vasenform, die Trinkwassergewinnung aus Tau ermöglicht und von dem Münchner Architektenbüro Andreas Vogler konzipiert worden war.

Diesmal werkelten neben Kresse weitere Protagonisten aus dem "Ars Technica"-Team mit, Leute wie der 17-jährige Roland Schubert von der Jugendkulturwerkstatt und nicht zuletzt der 87 Jahre alte Schmied Georg Lepp. Der Turm über dem Getriebe besteht unter anderem aus den Füßen alter Jugendstil-Nähmaschinen, wird von gebogenen Stützen flankiert und oben thront eine Kugel. Feinarbeiten sind noch zu erledigen, es soll ein kinetisches Kunstwerk werden, bei dem sich etwa die Stange im Zentrum dreht.

Der Turm "Panta sferei" - ein Name, der in Anlehnung an Panta rei ("Alles fließt") kreiert wurde und "Alles dreht sich" bedeuten soll, steht im Vorgarten vor Kresses Haus respektive seiner Galerie "Alte Technik" an der Oskar-von-Miller-Straße 5a. Bespielt werden soll er unter anderem mit einem Laser-Zerstäuber, den der international gefragte Künstler Hajo Drott, der zurzeit auch Werke im Computermuseum in New York ausstellt, geliefert hat; weitere Aktionen sind geplant. Eine Intention ist es etwa, einen sechs Meter hohen Hampelmann an den Turm zu hängen und ihn bewegen. Dafür muss aber erst der Mechanismus fertig werden.

In Betrieb genommen werden soll der Turm am 16. Mai im Rahmen der Vernissage in der benachbarten Jugendkulturwerkstatt an der Oskar-von-Miller-Straße 9. Ein besonderer Höhepunkt der "Ars Technica" von Freitag, 15. Mai, bis Sonntag, 17. Mai, wird eine Ausstellung im Kubiz mit dem Titel "Licht - Klang - Bewegung" sein: Zu sehen sein wird "Electronic Art", Licht-, Computer- oder Videokunst. Es sind Werke aus der Sammlung von Rolf B. Heer, von Künstlern wie Walter Giers, Peter Vogel, Julio Le Parc, Jakub Nepraš und Sebastian Hempel. Auch Hajo Drott, Hans Schork, Siegfried Kreitner und Charly-Ann Cobdak zeigen ihre Werke. "Wir haben diesmal etliche international erfolgreiche Künstler", freut sich Kresse. Dazu gehört der Computerkunst-Pionier und Science-Fiction-Autor Herbert W. Franke, Mitinitiator der Linzer "Ars Electronica", der ebenfalls seine Arbeiten präsentiert. Zudem gibt es eine weitere kleine Werkschau im Café Lanie, Ballett-Uraufführungen ("Tanz, Maschine - Reloaded"), die Gelegenheit, das Geothermie-Kraftwerk zu besichtigen oder das neue Projekt des Architekturbüros Andreas Vogler: "Eye in the Sky" heißt die Installation, die im Innenhof des Kubiz in Unterhaching geplant ist: Der mit einem halbdurchsichtigen Spionspiegel bespannte Ring und bildet nachts einen mit programmierten LEDs beleuchteten quasi unendlichen Spiegel, der den Blick in das Weltall simuliert.

Das Projekt soll über die relative junge, deutschsprachige Crowd-Funding-Plattform WeMakeIt.com finanziert werden Weitere Informationen gibt es unter https://wemakeit.com/projects/eyeinthesky-arstechnica2015. Die Organisatoren sind bereits in Vorleistung gegangen und bitten um Unterstützung für die Realisierung des Projekts. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung ist in diesem Jahr auch in Unterhaching zu Gast, mit seinem 40-Tonner, dem "Biotechnikum", der als rollende Erlebniswelt mit Schwerpunkt "Biotechnologie" fungiert und am Ortspark stehen wird. "Darauf bin ich stolz", sagt Kresse. Der Liebhaber alter Ingenieurskunst schätzt natürlich auch moderne Technologien.

Weitere Informationen zum Programm gibt es unter www.ars-technica.de. Karten für das Ballett "Tanz-Maschine - Reloaded" der B&M Dance Company, am Freitag, 15. Mai, Beginn 20 Uhr, gibt es nur noch wenige: Der Vorverkauf läuft unter anderem über www.reservix.de.

© SZ vom 24.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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