Unterföhring:Zwischentöne

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Lautstarke Konkurrenz: Die jungen Musiker des Münchner Odeon-Jugendsinfonieorchesters mussten auf dem Vorplatz des Unterföhringer Bürgerhauses gegen den Klang der nahen Kirchenglocken anspielen. (Foto: Stephan Rumpf)

Open-Air-Konzert in Unterföhring trotzt Kirchenglocken

Von Sabine Wejsada, Unterföhring

Vor allem die Älteren kennen die Szene aus dem Komödienklassiker Don Camillo und Peppone: Als Letzterer mit seinen Genossen den Wahlsieg in einem Umzug durch sein kleines norditalienische Dorf feiert, eilt der Geistliche in den Turm der Kirche und lässt die Glocken wie wild läuten. Damit die Rede von Peppone übertönt wird. Was natürlich zu Verwerfungen zwischen den Streithähnen führt, die jeden Tag aufs Neue aneinander geraten.

So manch ein Besucher des Open-Air-Konzertes auf dem Vorplatz des Unterföhringer Bürgerhauses mag sich am sommerlich lauen Samstagabend an diese Szene erinnert haben. Denn justament als die Musiker des Münchner Odeon-Jugendsinfonieorchesters unter der Leitung von Julio Doggenweiler-Fernández zu spielen begannen, ging im Glockenturm der nahen Pfarrkirche St. Valentin das Gebimmel los - und wollte gar nicht mehr so recht aufhören. Weil ausgerechnet an diesem Abend der neue Pastoralreferent Ulrich Hofmann vorgestellt wurde, schien das Glockenspiel noch länger zu dauern als üblich.

Während einige im Publikum murrten, zeigten sich die jungen Musiker im Alter von 15 bis 25 Jahren auf der eigens für sie aufgebauten Bühne tapfer: Sie spielten munter gegen die Konkurrenz-Klänge aus dem nahen Gotteshaus an und entschädigten mit ihren Darbietungen die Besucher. Zu hören waren Werke von Ludwig van Beethoven, Carl Orff und Maurice Ravel. Das Publikum honorierte die Leistungen von Dirigent und Instrumentalisten mit lang anhaltendem Beifall, als das Geläut längst vergessen war.

Boshaftigkeit jedenfalls wollte niemand dem Pfarrer unterstellen, noch dazu weil die Glocken von St. Valentin - moderner Technik sei Dank - per Computerprogramm in Schwingungen versetzt werden. Und: Unterföhring ist nicht das fiktive Dorf Boscaccio, in dem die zwischen 1952 und 1965 entstandenen Filme von Don Camillo und Peppone spielen. Hier setzt man auf Kooperation und Kommunikation. Wenn wieder ein Konzert vor dem Bürgerhaus unter freiem Himmel ansteht, will Kulturamtsleiter Florian Nagel einen Vorstoß bei der Pfarrei wagen. Eventuell schweigen ja die Glocken dann für ein, zwei Stündchen.

Das Gastspiel der Streicher-Bigband Bluestrings aus Fürstenfeldbruck am Sonntagvormittag blieb übrigens unbehelligt vom Klang der Kirchenglocken. Die jungen Musiker unter der Leitung des Jazz-Geigers Frank Wunderer traten im Foyer des Bürgerhauses auf, weil es draußen in Strömen regnete.

© SZ vom 09.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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