Unterföhring:Nachttänzer und andere Verführer

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Der Vorverkauf für das neue Kulturprogramm in Unterföhring beginnt am Wochenende

Von Udo Watter, Unterföhring

Ist die Nacht die bessere Hälfte des Tages? Mondsüchtige, Träumer und Trinker dürften darauf eine andere Antwort haben als Menschen, die Angst vor Bettwanzen, Gespenstern oder der Dunkelheit haben. Sie hat viele Seiten, sie ist romantisch und gefährlich, die Zeit des Grusels und die Zeit der Lust, schwarz und kalt, aber auch mondlichtwarm. Eines ist klar: "Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da" - wie es in einem berühmten Schlager aus den Dreißigern heißt.

Tänzerin Ada Ramzews ist zu Gast. (Foto: Peter Werner)

Ein zeitgenössischer Ballettabend widmet sich in der neuen Unterföhringer Spielzeit 2017/18 verschiedenen Facetten der Nacht: Unter Mitwirkung der B&M Dance Company und des Münchner Brahms-Chors werden im April Choreografien von Heinz Manniegel und Ada Ramzews präsentiert, die sich mit der dunklen Seite des Tages beschäftigen. Manniegel thematisiert etwa zur "Nachtmusik in den Straßen von Madrid" von Luigi Boccherini den Tod in einer nachttrunkenen Stadt und Ramzews schafft in ihrem Solo "Mond/Icht", inspiriert von Debussys Musik puristischer Nahaufnahmen von Personen, die Dunkelheit umfasst. Hinzu kommt das Ballettstück "One Charming Night" zu diversen Liedern des englischen Barock-Komponisten Henry Purcell in einer Version für A-Capella-Chor, vorgetragen vom Münchner Brahms-Chor. "Ein spannender Abend mit zeitgenössischem Tanz", erklärt Unterföhrings Kulturamtleiterin Barbara Schulte Rief. "Und ganz besonders auch durch die Livemusik."

Demnächst zu sehen ist in Unterföhring das Stück "Die Blechtrommel". (Foto: Sabine Haymann)

Moderne Tanzvorstellungen sind ohnehin ein Markenzeichen des Kulturprogramms in Unterföhring. In der neuen Saison - der Aboverkauf startet diesen Samstag, 18. November - ist etwa wieder das renommierte Odyssey Dance Theatre zu Gast, das mit seinem Auftritt in das Chicago der Roaring Twenties entführt, ein Abend ist zudem dem Tango Argentino gewidmet: ein trauriger Gedanke, den man tanzen kann, wie eine gängige Definition des Tango lautet.

Über den Tanz hinaus wartet das Unterföhringer Kulturprogramm - neben dem Bürgerhaus inklusive Bibliothek werden noch die Schulaula und die Kirche St. Valentin als Spielstätten genutzt - wieder mit einer großen Vielfalt an Veranstaltungen auf. Gerade Kabarettfreunde dürften wenig zu meckern haben: Mit Monika Gruber, die erstmals im Bürgerhaus gastiert (22. Februar), Helmut Schleich (erhält im Juni den Publikumspreis "Unterföhringer Mohr") oder Georg Ringsgwandl kommen etablierte bayerische Brettlkünstler, zudem gibt der frisch gekürte Gewinner des Bayerischen Kabarettpreises Maxi Schafroth ein Gastspiel sowie das Kabarett-Duo Britta von Anklang und Andreas Breiing oder Christine Eixenberger. Während sich Kabarett generell einer unerschütterlichen Beliebtheit erfreut, ist auch die Zahl der Abonnenten, die die Sparte "Schauspiel" gewählt haben, zuletzt wieder angestiegen. Die neue Theatersaison wird eröffnet durch "Die Blechtrommel", einem Schauspiel nach dem berühmten Roman von Günter Grass. Die Produktion von Eurostudio Landgraf hat 2016 den renommierten 1. Inthega-Preis (Interessengemeinschaft der Städte mit Theatergastspielen) gewonnen. Auch eine lokale Produktion wird gezeigt: Das tim Theater ist nach der Aufführung von Dürrenmatts "Die Physiker" zu Gast im Bürgerhaus und geht der Frage nach, wie viel "Biedermann" in jedem von uns steckt, nach Max Frischs Klassiker. Dazu kommt das Drama "Wie im Himmel" - eine Produktion des Metropoltheaters München, "Poetisch, aber nicht kitschig" urteilt Schulte-Rief. Verführerisch für Krimifans dürfte auch "Ein Fall für Miss Marple" mit Erol Sander und Veronica Faber im Februar (siehe oben) sein.

Kabarettist Maxi Schafroth hat kürzlich den Bayerischen Kabarettpreis gewonnen. (Foto: SusieKnoll)

Auch für Klassikliebhaber gibt es interessante Termine, so etwa das Konzert der Virtuosi di Paganini am 9. Juni mit dem renommierten Geiger Ingolf Turban und dem Pianisten Julian Riem, der unter anderem 2012 er den Echo Klassik für die beste Kammermusikeinspielung erhielt. Über das Internationale Jazz-Weekend, das wieder im Juli über die Bühne geht, braucht man nicht viele Worte verlieren, es wird jedes Jahr durch hochkarätige Protagonisten geprägt: 2018 kommt etwa Kurt Elling aus den USA, der von der New York Times als "der herausragende männliche Sänger unserer Zeit" geadelt wurde und Grammy-Preisträger ist, oder die 20-jährige Kinga Glyk aus Polen, die als große Neuentdeckung des internationalen Jazz gehandelt wird. "Sie ist ein Shooting Star. Eine junge weibliche Jazz-Sensation", schwärmt Schulte-Rief. Begeistert ist sie auch von der charismatischen Sängerin und Schauspielerin Genija Rykova, die mit ihrer Band im Mai ein Jazz-Konzert gibt.

Hinzu kommen viele weitere Veranstaltungen mit überregional bekannten oder lokalen Künstlern. Oder das umfangreiche Kinderprogramm, wobei diese Gastspiele natürlich tagsüber sind. Unterföhringer Erwachsene, die zu den Abendvorstellungen gehen oder gar die eingangs erwähnte Ballettveranstaltung "Nachtfragmente" besuchen, können sich dagegen Gedanken machen, ob sie diese Worte aus Purcells "One charming night" unterstreichen würden: "One charming night gives more deligth than a hundred lucky days." Kann eine charmante Nacht mehr Entzücken bringen als 100 glückliche Tage?

Der Abo-Verkauf für die neue Spielzeit - es gibt die vier Sparten Schauspiel, Kabarett, Musik, Aula - beginnt diesen Samstag, 18. November (10 bis 14 Uhr) im Bürgerhaus Unterföhring, Münchner Straße 65 (Tel. 089/95081506). Der Vorverkauf fürs Wahl-Abo beginnt eine Woche später am 25. November.

© SZ vom 17.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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