Unterföhring:Knochenarbeit im Hintergrund

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Der Dream Bowl Palace ist das größte Bowlingcenter Europas. Der Mechatroniker Martin Axenbeck stellt sicher, dass die komplizierte Technik funktioniert

Von Sabine Wejsada, Unterföhring

Der schöne Glanz kommt vom Öl. Ein Schnapsglas braucht es pro Bahn. Den Service übernimmt eine Maschine. Und die läuft vollkommen automatisch. Doch ohne Martin Axenbeck und seine Kollegen wäre der "Walker", wie das Hightech-Gerät im Fachjargon heißt, ganz schön aufgeschmissen. Der 26-Jährige ist Technik-Chef in Europas größtem Bowlingcenter, dem Dream Bowl Palace in Unterföhring; er und sein Team befüllen die Maschine, setzen sie in Gang und warten sie. Pflege ist wohl das bessere Wort, denn das braucht der Hochleistungs-Apparat auch. Immerhin kostet das gute Stück mit gut 35 000 Euro so viel wie ein Mittelklasse-Neuwagen.

Jeden Tag verrichtet der Walker unter den gestrengen Augen von Axenbeck seinen Dienst auf den insgesamt 52 Bahnen der Anlage: Jede einzelne wird gereinigt und mit dem synthetisch hergestellten Öl versehen, eine blaue Rolle bringt dieses auf die Bahn auf. Früher war das Öl als Schutz gedacht, heute spielt der Auftrag ein gewichtige Rolle bei Wettkämpfen, wie Center-Manager Martin Knöbl sagt: "Die Ölbilder sind entscheidend für den Schwierigkeitsgrad beim Bowling." Zwei Drittel der Bahn sind geölt, doch nicht überall ist der Schmierstoff gleich intensiv aufgebracht. Kurz bevor der Ball die Kegel trifft, ändert sich der Belag, wie Knöbl sagt, "man will ja, dass er eine Kurve macht". Räumt ein Spieler beim ersten Wurf alle zehn Pins ab, wie die Kegel beim Bowling heißen, nennt man das Strike. Werden alle Pins erst mit Hilfe des zweiten Wurfs abgeräumt, so ist das ein Spare. Können auch mit dem zweiten Wurf nicht alle Pins abgeräumt werden, so spricht man von einem Open Frame (offener Durchgang).

Traumhaft durchgeschwungen: ein Bowler lässt seine Kugel im "Dream Bowl Palace" rollen. (Foto: Robert Haas)

Bowling, zumindest in höheren Klassen und professionell betrieben, ist eine Wissenschaft für sich - und das Herrichten der Bahnen ebenso. Seit sechs Jahren ist Axenbeck im Dream Bowl Palace in Unterföhring tätig. Der Job mache ihm großen Spaß, sagt der gelernte Mechatroniker: Technik, Fingerspitzengefühl und der Kontakt zu vielen verschiedenen Menschen - das ist es, was der junge Mann nicht mehr missen möchte. Genau wie die erworbenen Kenntnisse über die Ölbeschichtung, die computergestützte Bedienung der Anlage und die Beschaffenheit der Bahnen.

Diese sehen zwar aus, als seien sie aus ganz besonderem Holz, doch das ist weit gefehlt: Sie bestehen nach den Worten von Center-Manager Knöbl "aus Tausenden gepressten Papierschichten, die sie extrem hart und belastungsfähig machen". Der Holzcharakter ist nicht mehr als eine Fotoschicht, glänzend durchs Öl und so glatt wie eine Eisfläche. Also bloß nicht draufsteigen mit den glatten Bowlingschuhen, sonst könnte es einem ganz schnell die Füße wegziehen.

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(Foto: Robert Haas)

Damit auf den Bahnen alles läuft wie geschmiert, muss Martin Axenbeck (rechts mit Center-Manager Martin Knöbl) sie einölen.

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(Foto: Robert Haas)

Auch hinter den Kulissen muss nach dem Rechten geschaut werden.

"Das Meiste meiner Arbeit findet im Hintergrund statt", sagt Axenbeck - und das ist durchaus wörtlich zu nehmen. Dort, wo die Bälle im besten Fall die zehn Pins auf einmal versenken, liegt das Innenleben der Anlage: Zahnräder und Riemen steuern die Beladetische für die Kegel und schubsen die Bälle in die richtige Position für den Transport zum Spieler. "Da ist richtiges Handwerk gefragt", sagt Axenbeck, und man versteht ihn kaum vor lauter Lärm. Es scheppert und kracht ohne Unterlass, auch wenn nicht alle Bahnen belegt sind. "Man gewöhnt sich an die Lautstärke", sagt der Technik-Chef und zeigt auf die Ohrenschützer, die er trägt. Nicht nur, wenn auf allen 52 Bahnen gleichzeitig gespielt wird und der Geräuschpegel vorne wie hinten extrem hoch ist. Aber dann ganz bestimmt, um nicht schwerhörig zu werden.

Nach hinten beordert werden Axenbeck und sein Team allerdings nur, wenn irgendetwas hakt am Automatismus, Bälle nicht mehr zurücklaufen zum Beispiel, oder Kegel sich querlegen. Dann muss es schnell gehen, Bowler wollen nicht warten müssen, bis sie weitermachen können. Acht Bahnen hängen nach den Worten von Knöbl an einem Computer - wenn der ausfällt, dann brauchen die Sportler doch etwas Geduld und die Mitarbeiter müssen ihn neu starten. Richtig stressig ist das nicht, wie Knöbl und Axenbeck sagen, da muss schon mehr passieren: Ein kompletter Stromausfall ist der "Supergau", wie beide sagen. So etwas komme drei- bis viermal im Jahr vor - "und dann haben wir gut zu tun".

Bunte Sammlung: Bowlingkugeln im "Dream Bowl Palace". (Foto: Robert Haas)

Zwischen 250 000 und 300 000 Besucher kommen jährlich in die Unterföhringer Anlage, Freizeitspieler und Ligamannschaften. Und auch internationale Turniere werden im Dream Bowl ausgetragen. Erst jüngst mussten Martin Axenbeck und seine Leute ein solches vorbereiten. Der Veranstalter hatte seine eigenen Pins dabei. Für die Mitarbeiter hieß das: auf allen 52 Bahnen die vorhandenen Kegel durch die mitgebrachten austauschen. Ein Pin hat einen Holzkern und wiegt 1,6 Kilogramm. "Da haben wir schon ein paar Tonnen herumgeschleppt", sagt Axenbeck. Echte Knochenarbeit, aber eben auch schöne Handarbeit in einem technisch hoch gerüsteten Umfeld.

© SZ vom 03.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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