Unterföhring:Kiesa-Gelände bleibt in Privathand

Lesezeit: 3 min

Soll irgendwann einmal Bauland werden: Das Kiesa-Gelände im Unterföhringer Süden, wo derzeit noch das Container-Depot München einen Umschlagplatz betreibt. (Foto: Alesanndra Schellnegger)

Die SPD scheitert im Unterföhringer Gemeinderat mit dem Antrag, Kaufverhandlungen über das künftige Wohngebiet zu führen, das ausgerechnet Bürgermeister Kemmelmeyer und seiner Familie gehört

Von Sabine Wejsada, Unterföhring

Das wohl letzte große Grundstück, auf dem in Unterföhring noch eine Vielzahl von Wohnungen entstehen kann, gehört ausgerechnet Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer (Parteifreie Wählerschaft, PWU) und seiner Familie. Das Gelände im Süden der Kommune, wo derzeit die Kiesa-Quetschwerk GmbH & Co. Betriebs-KG, diverse Supermärkte und ein großes Containerdepot beheimatet sind, würde Platz für bis zu 2000 neue Einwohner bieten, sollte der Gemeinderat die Fläche zur Bebauung freigegeben. Im aktuellen Flächennutzungsplan ist an der Stelle ein Mischgebiet festgelegt, das Wohnen und Gewerbe erlaubt. Erst im April dieses Jahres wurde dies durch Gemeinderatsbeschluss amtlich. Und nun geht es um die konkreten Pläne für das sogenannte Kiesa-Gelände zwischen Münchner und Neubruchstraße sowie der S-Bahn-Strecke. Die Firma will in diesem Bereich ein Wohnquartier entwickeln.

Für den Unterföhringer Bürgermeister war die jüngste Diskussion im Gemeinderat nicht einfach zu verfolgen. Als persönlich Beteiligter war er von der Debatte ausgeschlossen, die Sitzungsleitung hatte Zweite Bürgermeisterin Betina Mäusel (CSU). Die SPD-Fraktion hatte den Antrag gestellt, Unterföhring möge das Areal, immerhin mehr als 100 000 Quadratmeter groß, komplett kaufen. Mit dem Ziel, dort bezahlbare Wohnungen zu schaffen und bei der Entwicklung "das Heft in der Hand zu haben", wie SPD-Sprecherin Jutta Schödl sagte. Ginge es nach ihrer Partei, könne man durch einen Erwerb die Mietpreisentwicklung steuern, ebenso sei die Gemeinde dann imstande, Flächen für die kommunale Infrastruktur zu sichern und vor allem die Entwicklung der Einwohnerzahl zu begrenzen.

Der Kauf des Geländes würde für Unterföhring die Voraussetzungen schaffen, im Einklang mit den Zielen der Ortsentwicklung Antworten auf die Herausforderungen zu formulieren, so die SPD. "Der sehr starke Anstieg der Mieten auf dem freien Wohnungsmarkt und der gleichzeitige Anstieg der Bewerberzahlen für gemeindeeigene Wohnungen hat gezeigt, dass der Umfang des gemeindlichen Wohnungsbaus deutlich ausgeweitet werden muss. Ohne eine aktive Rolle der öffentlichen Hand entsteht in unserem Ballungsraum kein für Menschen mit mittlerem und niedrigem Einkommen bezahlbarer Wohnraum", heißt es in dem Antrag. Darüber hinaus habe der starke Einwohnerzuwachs der vergangenen Jahre einen schnellen Ausbau der gemeindlichen Infrastruktur erfordert - Stichwort: Kindertagesstätten. Aus diesem Grund seien die Flächenreserven der Kommune stark gesunken, eine Sicherung weiterer Areale sei dringend geboten. Ihrer Partei gehe es außerdem darum, die Ortsentwicklung zu steuern; mit dem Erwerb des Kiesa-Geländes böten sich gute Möglichkeiten dazu, schreibt Schödl.

Im Gremium stieß der Antrag auf Unverständnis, noch dazu weil Sitzungsleiterin Mäusel berichtet hatte, dass die Firma Kiesa an einem Verkauf des Geländes nicht interessiert sei. Höchstens über Erbbaurecht könne man reden, berichtete Mäusel von Gesprächen mit Kiesa-Geschäftsführer Uwe Schmidt. Grünen-Gemeinderätin Gisela Fischer sagte, ihr werde "es Angst und Bange, wenn wir den ganzen Grund kaufen sollen". Immerhin seien das mehr als 100 000 Quadratmeter, über Teilflächen könne man sprechen. Fischer warnte vor den immensen Kosten, würde die Kommune das komplette Areal kaufen: "Legen wir mal einen niedrigen Preis von 1000 Euro pro Quadratmeter zugrunde, dann reden wir von 100 Millionen Euro", sagte Fischer. "Das ist eine Nummer zu groß", assistierte CSU-Fraktionsvorsitzender Manfred Axenbeck. PWU-Sprecher Manuel Prieler tat seine Verwunderung kund darüber, "dass Anträge, die Grundstücke betreffen, sofort öffentlich werden". Das habe man in der Verhangenheit nicht gehabt. Thomas Weingärtner (SPD) widersprach: Seine Partei habe den Antrag unter anderem auch deswegen gestellt, "weil es die letzte große Siedlungsfläche westlich der S-Bahn sei". Da sei es wichtig, dass die Gemeinde das Areal bekomme. Nun setze man halt auf das "Verhandlungsgeschick" von Bürgermeisterin Mäusel. Das braucht sie nicht. Der Gemeinderat lehnte den SPD-Antrag mit 16 zu acht Stimmen ab. Beschlossen wurde, dass es einen Planungs-Workshop geben wird, in dem sich Architekten des Eigentümers und der Gemeinde Gedanken über eine mögliche Bebauung des Geländes machen. In dem Gremium vertreten sein werden Zweite Bürgermeisterin Mäusel sowie Gemeinderäte aus allen Parteien. Die SPD stimmte geschlossen gegen diese Vorgehensweise.

Rathauschef Kemmelmeyer nahm die Debatte sichtlich angespannt zur Kenntnis. Er hatte sich vor seiner ersten Bürgermeister-Kandidatur 2008 aus dem operativen Geschäft der Kiesa Quetschwerk GmbH zurückgezogen. Schmidt ist alleiniger Geschäftsführer, Kemmelmeyer alleiniger Gesellschafter.

© SZ vom 20.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: