Übungsraum im Rathaus:Der Rauswurf ist vorerst abgeblasen

Lesezeit: 3 min

Die Taufkirchner Blaskapelle ist im Rathaus unerwünscht. (Foto: Claus Schunk)

Taufkirchens Bürgermeister Ullrich Sander will die örtliche Musikkapelle nicht mehr im Sitzungssaal proben lassen. Ein Ultimatum hat deren Vorsitzender Rainer Miehlich abgewendet. Am Montag soll es ein Gespräch geben.

Von Patrik Stäbler, Taufkirchen

Die E-Mail, die ihm Mitte Januar ins Postfach geflattert ist, habe ihn "etwas überrascht", sagt Rainer Miehlich. Und nach einer kurzen Pause fügt der Vorsitzende der Blaskapelle Taufkirchen hinzu: "Nein, sie hat mich sogar ein bisschen schockiert - und natürlich geärgert." Absender sei eine Mitarbeiterin der Taufkirchener Gemeindeverwaltung gewesen. Sie habe ihm mitgeteilt, dass die Blaskapelle in dieser Woche letztmals im Sitzungssaal des Rathauses proben dürfe. Ein "knallhartes Ultimatum" sei das gewesen, findet der Blaskapellen-Chef, der sich umgehend bei der Gemeinde beschwert hat - mit Erfolg. So dürfen die Musiker aktuell weiter im Sitzungssaal proben. Noch. Denn geht es nach Bürgermeister Ullrich Sander, dann muss sich die Kapelle einen neuen Übungsraum suchen.

Bereits im vergangenen Sommer war dieser Zwist hochgekocht. Seinerzeit teilte der parteifreie Rathauschef dem Dirigenten der Blaskapelle am Rande einer Veranstaltung mit, dass seine Musiker und er nur noch bis Jahresende im Sitzungssaal proben dürfen - aus Gründen des Datenschutzes. "Auf den Tischen liegen oft noch Unterlagen aus nichtöffentlichen Sitzungen", erläuterte Sander damals. "Darin könnten die Musiker unbemerkt blättern."

Taufkirchens Bürgermeister Ullrich Sander meint, dass "alles Externe aus dem Rathaus raus muss". (Foto: Claus Schunk)

Dieses Argument kann Rainer Miehlich nicht nachvollziehen. Vor allem aber habe ihn das Vorgehen des Bürgermeisters verärgert, sagt der Vereinsvorsitzende, dessen Blaskapelle seit 1991 im Rathaus probt. "Ich hätte erwartet, dass er uns zu einem Gespräch einlädt, wenn er so eine Entscheidung trifft." Doch bis zum heutigen Tag habe er mit Sander persönlich nicht über den Rauswurf gesprochen. "Das ging immer über Dritte", sagt Miehlich - bis jetzt. Denn auf Nachfrage im Rathaus habe er nun einen Termin beim Bürgermeister am kommenden Montag erhalten.

Amtsvorgängers Eckhart Kalinowski erhebt Vorwürfe gegen den amtierenden Bürgermeister (Foto: Angelika Bardehle)

Der angebotene Raum war viel zu klein

Zuletzt sei der Austausch mit der Gemeinde stets übers Bauamt gelaufen, sagt Miehlich. Dieses habe der Blaskapelle unlängst als alternativen Übungsraum eine leerstehende Praxis in der Lindenpassage angeboten. Dort hätten sich die Musiker auch probeweise getroffen, sagt Miehlich. Doch schnell habe sich gezeigt: "Der Raum ist viel zu klein für uns." Wobei er betont: "Wenn wir eine vernünftige Alternative bekommen, sind wir natürlich bereit, aus dem Rathaus rauszugehen." Zumal die Bedingungen dort nicht mehr optimal seien: Nachdem Sander entschieden hatte, einige Gemeinderats- und Ausschusssitzungen auf Donnerstag zu legen, müssen die Musiker an solchen Abenden in ein Fraktionszimmer ausweichen, in dem die Akustik laut Miehlich "sehr schlecht" ist.

Infolge der Querelen habe er sich an den ehemaligen Bürgermeister und jetzigen Gemeinderat Eckhard Kalinowski von den Freien Wählern gewandt, erzählt Miehlich. "Er ist ja seit vielen Jahren Mitglied bei uns im Verein." Kalinowski - ohnehin einer der schärfsten Kritiker seines von der CSU nominierten Amtsnachfolgers - attackierte Sander daraufhin im Gemeinderat. Überdies wandte er sich an den Bayerischen Landesbeauftragten für den Datenschutz, der in einem Antwortschreiben feststellte, dass es sich hier seiner Auffassung nach "nicht um ein primär datenschutzrechtliches Problem" handle.

Diese Einschätzung gab Kalinowski ans Rathaus weiter; in der Folge entspann sich ein Schriftwechsel, in dem der Altbürgermeister nicht nur den "unwürdigen und respektlosen Umgang mit der Blaskapelle" anprangerte, sondern Sander auch der Lüge bezichtigte. Der Bürgermeister sage "dem Gemeinderat und der Öffentlichkeit wissentlich die Unwahrheit", schrieb Kalinowski, indem er behaupte, bereits im Frühjahr vom Datenschutzbeauftragten der Gemeinde auf datenschutzrechtliche Bedenken hingewiesen worden zu sein.

Bürgermeister Sander wirft Kalinowski Wahlkampf vor

Bürgermeister Ullrich Sander weist die Vorwürfe freilich zurück. Zwar gebe es keinen schriftlichen Vermerk über den Austausch, "aber wir haben darüber gesprochen", betont der Rathauschef und verweist auf eine Stellungnahme des gemeindlichen Datenschutzbeauftragten. Die Angriffe Kalinowskis bezeichnet Sander als "Wahlkampf - und sonst nichts". Und mit Blick auf die Blaskapelle betont der Bürgermeister, "dass wir schon im Juni gesagt haben, dass alles Externe aus dem Rathaus raus muss. Ich weiß nicht, wie sehr sich die Blaskapelle seither bemüht hat, einen neuen Probenraum zu finden." Zugleich versichert Sander, dass das Rathaus die Musiker "nicht im Regen stehen lässt". Er sei sehr zuversichtlich, "dass wir da eine Lösung finden."

© SZ vom 23.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: