Tunnel am Altstadtring:Die innere Sicherheit

Lesezeit: 2 min

Für Autofahrer wirkt er großzügig, die Feuerwehr spricht von einem echten Risiko: Dem Tunnel am Altstadtring fehlt die Mittelwand. Nun sollen er und drei weitere Münchner Röhren modernisiert werden.

Dominik Hutter

Vier sind geschafft, vier stehen noch aus: Es geht voran mit dem 2002 vom Stadtrat beschlossenen Nachrüstprogramm für die großen Straßentunnel, deren Sicherheitsstandards an eine EU-Richtlinie angepasst werden müssen.

Ein Fall für die städtischen Sanierungstrupps: der 1972 eröffnete Tunnel am Altstadtring hat keine Mittelwand. (Foto: Catherina Hess)

Als nächstes knöpft sich das Baureferat die 1972 eröffnete Röhre am Altstadtring vor, deren Ausstattung als besonders verbesserungsbedürftig gilt: Sie verfügt nicht einmal über eine Mittelwand - was zwar aus der Autofahrerperspektive angenehm großzügig wirkt, in den Augen der Feuerwehr aber ein echtes Risiko darstellt. Denn bei einem Brand würde sich sofort das gesamte Bauwerk mit giftigem Qualm füllen. Eine mit Türen ausgestattete Mittelwand ermöglicht dagegen die Flucht in die rauchfreie Röhre der Gegenrichtung - und einen sicheren Anfahrtsweg für die Rettungskräfte.

Derzeit tüfteln die Fachleute des Baureferats an einem neuen Sicherheitskonzept für die Röhre, deren Mängelliste sich längst nicht auf das Fehlen der Mittelwand beschränkt. Dringend benötigt werden laut Baureferat auch eine automatische Brandmeldeanlage, ein Lautsprechersystem, Videoüberwachung sowie Schranken an den Tunnelrampen. Denn eine rote Ampel allein, das zeigen die Erfahrungen, hält die Autofahrer nicht vom Einfahren in die Röhre ab. Bei einem Brand im Candidtunnel im Jahr 1999 rollten zahlreiche Karossen trotz Rotlichts in die Tiefe.

Der Bau einer Mittelwand, die im 60-Meter-Abstand Türen aufweisen soll, zwingt die Stadt zudem zu einer Neukonzeption des Lüftungssystems, das jedoch ohnehin als veraltet gilt. Bisher wird im Altstadtringtunnel die Frischluft über einen Kanal im Mittelteiler eingeblasen - steht dort plötzlich eine massive Mauer, ist das nicht mehr möglich.

Wann der Umbau der Röhre, durch die täglich rund 60.000 Autos rollen, starten kann, steht noch nicht fest. Denn parallel zu diesen Arbeiten soll es auch diverse städtebauliche und verkehrliche Verbesserungen rund um die unschöne Tunnelrampe am Oskar-von-Miller-Ring geben. Erst nach Abschluss dieser Arbeiten kommen dann auch die letzten Umbaukandidaten an die Reihe: der Trappentreu-, der Biederstein- und der Landshuter-Allee-Tunnel.

Verschärfte Sicherheitsvorgaben aus Brüssel

Hintergrund des millionenteuren Nachrüstprogramms sind verschärfte Sicherheitsvorgaben aus Brüssel, die unter dem Eindruck der Katastrophen im Montblanc-, Tauern- und Gotthardtunnel in den Jahren 1999 und 2001 ausgearbeitet wurden. In München übernahmen der Brudermühl- und der Candidtunnel die Pionierrolle. Sie wurden 2005 für rund zehn Millionen Euro modernisiert - auch im Candidtunnel gab es bis dahin keine Mittelwand. 2008 folgten die Röhren am Innsbrucker Ring und am Leuchtenbergring - letztere erhielt, da für eine Mittelwand kein Platz vorhanden ist, Fluchttüren in den Außenwänden, die in die benachbarten Fußgängerunterführungen münden.

Und noch eine weitere Besonderheit gibt es: Innsbrucker-Ring- und Leuchtenbergring-Tunnel bilden zusammen mit den neuen Röhren an der Richard-Strauss-Straße und am Effnerplatz eine sogenannte "Tunnelkette": Da die Bauwerke so kurz aufeinander folgen, sind ihre Sicherheitssysteme miteinander verknüpft.

Bei den vor allem in Italien und Spanien berüchtigten Tunneltestern des ADAC ist man mit den Münchner Bemühungen zufrieden: Als die Experten 2009 den modernisierten Brudermühltunnel unter die Lupe nahmen, kamen sie zum Urteil "sehr gut" - wie auch beim Richard-Strauss-Tunnel, der im Tunneltest 2010 an der Reihe war.

© SZ vom 28.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: