Tempolimit auf Autobahnen:Lärmschutz-Initiative läuft ins Leere

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(Foto: SZ-Grafik)

Das Innenministerium lehnt die Forderung des Kreistags nach einem Tempolimit auf Autobahnen ab. Obwohl die Stellungnahme bereits seit Monaten im Landratsamt liegt, wurden die politischen Gremien nicht informiert.

Von Alexandra Vettori, Landkreis

Außer Spesen nichts gewesen - so lässt sich das Ergebnis einer Lärmschutzinitiative des Landkreises zusammenfassen: Ende 2013 hatte der Münchner Kreistag vom bayerischen Innenministerium ein Tempolimit auf Autobahnen gefordert. Seit Februar liegt die Antwort vor: Danach werden die Lärm-Grenzwerte fast überall eingehalten, einer flächendeckenden Tempobeschränkung auf 120 oder gar 80 Kilometer pro Stunde fehlt nach wie vor die Grundlage. Der Kreistag hat bislang keine Stellungnahme dazu abgegeben, das Thema stand noch auf keiner Tagesordnung. Die befragten Kreisräte wussten nicht einmal, dass die ministerielle Antwort schon eingegangen ist.

20 der 29 Kommunen im Landkreis München werden von Autobahnen tangiert. Von Ost nach West quert im Süden die A 99, im Norden die A 92, dazwischen die A 94. In Nord-Süd-Richtung zieht die A 9 eine breite Schneise durch den Norden des Landkreises, im Süden führt die A 8 gen Alpen. Seit vielen Jahren klagen Anwohner allerorts über den Autolärm. Stück für Stück verbessert das für den überörtlichen Verkehr zuständige Innenministerium den Lärmschutz mit Wällen und Wänden, in der Regel dort, wo Ausbaumaßnahmen stattfinden. Nur zu einem konnte man sich nicht durchringen - zu einem flächendeckenden Tempolimit.

Kritiker sprechen von blankem Aktionismus

Schon als der Kreistag sein Beschlusspaket zum Lärmschutz im Juli 2013 verabschiedete, gab es denn auch Stimmen im Gremium, die von blankem Aktionismus sprachen, vor allem, was die Forderungen zum Lärmschutz an Autobahnen anbelangte. Schließlich haben die Kommunen bei Bundesstraßen und Autobahnen keinerlei verkehrsrechtliche Kompetenzen. Im November 2013 forderte der Landkreis München das bayerische Innenministerium dennoch auf, im Bereich von Wohngebieten eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf den Autobahnen im Landkreis einzuführen.

In der Folge benannten die Kommunen auf Bitte des Ministeriums möglicherweise betroffene Wohngebiete, im August vergangenen Jahres wurde alles an die Autobahndirektion Südbayern zur Prüfung weitergeleitet. Vor einigen Monaten kam nun die Antwort. Laut der Kurzfassung, die das Landratsamt der SZ zur Verfügung stellte, liegen in keiner der 20 betroffenen Kommunen Überschreitungen der Lärmgrenzwerte an Autobahnen vor. Vielmehr sei bei den Ausbauvorhaben deutlich verbesserter Lärmschutz geplant, heißt es. Damit bleibt das Innenministerium bei seiner Linie: Lärmschutzbauten vor Geschwindigkeitsbeschränkungen.

Nur in Taufkirchen gilt eine Ausnahme

Nicht nur Taufkirchens Bürgermeister Ulrich Sander (parteifrei) kritisiert den fehlenden politischen Willen zum Tempolimit. Auf seinem Gemeindegebiet liegt die A 995, auch Giesinger Autobahn genannt - ein Spezialfall, weil dort als Autobahn genutzt wird, was eigentlich Bundesstraße ist. Dort gilt derzeit immerhin eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 120 Kilometer pro Stunde, allerdings nur in Richtung München. In die entgegengesetzte Richtung gibt es nur ein nächtliches Tempolimit. Um diese Ausnahmeregelung muss Sander froh sein. "Wir haben nichts in der Hand. Wenn die die Schilder wegmachen, schauen wir in die Röhre", sagt Taufkirchens Bürgermeister.

So vorhersehbar die Reaktion des Innenministeriums auf den Landkreis-Vorstoß auch war, so seltsam mutet jetzt das Schweigen des Landkreises an. Landrat Christoph Göbel (CSU) erklärt das so: "Das separat zu behandeln, ist das Schreiben des Innenministeriums nicht wert. Wir hätten uns den ganzen Aufstand mit Problemanalyse sparen können." Es sei vorhersehbar gewesen, dass kein flächendeckendes Tempolimit auf den Autobahnen im Landkreis verhängt werde, weil das rechtlich kaum durchsetzbar sei. Bei einzelnen Maßnahmen wie an der A 995 in Taufkirchen sei das anders. Hier führe man immer noch Gespräche.

Der Landrat setzt aufs Verkehrsgutachten

Viel mehr erhofft sich Landrat Göbel vom Verkehrsgutachten des Landkreises, das zu erstellen der Kreistag ebenfalls 2013 beschlossen hat. Das Gutachten steht kurz vor der Fertigstellung und wird im Juli in den Kreisgremien behandelt. Es beinhaltet vor allem Kreis- und Gemeindestraßen, wo die Kommunen verkehrsrechtlich tätig werden können. In dem Zusammenhang, so Göbel, werde dann auch das Tempolimit auf Autobahnen behandelt.

© SZ vom 09.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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